Rundfunk

„Die Zuschauerkritik hat sich in Grenzen gehalten“

von am 12.03.2013 in Archiv, Dualer Rundfunk, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Rundfunk

<h4>Rundfunk</h4>„Die Zuschauerkritik hat sich in Grenzen gehalten“
Ruprecht Polenz, MdB, (CDU), Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates

Vorsitzender des ZDF-Rundfunkrates fordert mehr Transparenz von ARD und ZDF

11.03.13 Interview mit Ruprecht Polenz (CDU), MdB, Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates

Der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates, Ruprecht Polenz, hat in einem medienpolitik.net-Interview die öffentlich-rechtlichen Sender im Zusammenhang mit dem neuen Rundfunkbeitrag zu mehr Transparenz aufgefordert. „Hier können die öffentlich-rechtlichen Sender noch stärker vom Zuschauer her denken“. Zugleich  übte Polenz Kritik an der 7-Tage-Regelung bei den Mediatheken, weil für viele jüngere Nutzer die Mediatheken inzwischen der entscheidende Zugang zu den Angeboten von ARD und ZDF seien. Man sollte es den Rundfunkanstalten überlassen, wie lange sie ihre Beiträge über Mediatheken abrufbar halten wollen. Das würde sicher auch der Akzeptanz des Rundfunkbeitrages dienen.

medienpolitik.net: Herr Polenz, der neue Rundfunkbeitrag schlägt in den Zeitungen hohe Wellen. Sind diese auch beim ZDF angekommen?

Ruprecht Polenz: Die Zuschauerkritik, die beim ZDF einging, hat sich nach meinen Informationen in Grenzen gehalten. Das verwundert nicht, weil sich für 90 Prozent d er Beitragszahler nichts ändert. Vor allem hatten die Leute im Umfeld der Umstellung individuellen Informationsbedarf, der in der Regel schnell gedeckt werden konnte. Wer bisher nur eine reduzierte Gebühr bezahlen musste oder aus gesundheitlichen Gründen von der bisherigen Gebühr befreit war, äußerte durchaus sein persönliches Missfallen über die Veränderungen. Vergessen Sie aber auch nicht, dass es viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die von der Umstellung profitieren.

medienpolitik.net: Wurde die Öffentlichkeit im Vorfeld nicht ausreichend über das neue Modell informiert?

Ruprecht Polenz: ZDF und ARD haben die Einführung des Rundfunkbeitrags mit verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen umfassend begleitet. Rund 3,5 Mio. Bürgerinnen und Bürger wurden informiert, bei denen sich Änderungen ergeben, da sie z. B. bisher nur ein Radiogerät angemeldet hatten oder aus gesundheitlichen Gründen von der Gebühr befreit waren. Bei allen Angeschriebenen konnten offene Fragen per Post, Telefon oder Email geklärt werden. Zusätzlich wurden rund 2,8 Mio. Unternehmen und Institutionen kontaktiert, um sie über den neuen Beitrag zu informieren und die notwendigen Angaben zur Berechnung des Beitrags zu erfragen. Darüber hinaus wurden mehrere hundert Wirtschafts- und Branchenverbände über die neuen Regelungen und mögliche Ansprechpartner informiert und es wurden mit zahlreichen Verbänden (z. B. DIHK) Informationsgespräche und -veranstaltungen durchgeführt. Über die Plattform www.rundfunkbeitrag.de kann man alles über den neuen Beitrag erfahren und umfangreiche Informationsmaterialen herunterladen. Zudem stehen Service-Hotlines zur Verfügung. Die Sender haben in ihren Programmen in Beiträgen, Interviews, Spots und auf ihren Online-Angeboten über den neuen Beitrag informiert. Ich denke da beispielsweise an die kontroverse Gesprächsrunde “Gebühren, Quoten, Qualität“ im ZDF bei „Maybrit Illner“ am 16. Januar.

medienpolitik.net: Hätten hier die Gremien vielleicht aktiver sein müssen?

Ruprecht Polenz: Die Ausgestaltung der Rundfunkfinanzierung ist in Deutschland Ländersache und fällt in die Zuständigkeit der Politik. Eine bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Übergang von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag war zwar immer wieder auch ein Thema im Fernsehrat. Trotzdem ist es nicht Sache der Aufsichtsgremien von ARD und ZDF hier eine nach außen gerichtete, aktive Rolle zu spielen.

medienpolitik.net: Welche Bedeutung hat das neue Finanzierungsmodell für die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Ruprecht Polenz: Wir haben es schon fast vergessen, aber die Gebührenbeauftragten waren ein immerwährender Kritikpunkt an der alten Rundfunkgebühr. Vor allem war die Anknüpfung der Rundfunkgebühr an das einzelne Empfangsgerät für den Gebührenzahler immer weniger nachzuvollziehen, seit man auch mit PCs und dem Handy Fernsehprogramme empfangen kann. Der neue Rundfunkbeitrag wird hier bald für größere Klarheit sorgen und auch die Akzeptanz in der Bevölkerung gewährleisten.

medienpolitik.net: Hätte eine Alternative zum jetzigen Modell bestanden?

Ruprecht Polenz: Es hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eine intensive Diskussion über verschiedene Finanzierungsmodelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stattgefunden. Der Gesetzgeber hat sich dann aber aus gutem Grund für das Beitragsmodell entschieden. Die immer wieder ins Gespräch gebrachte Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln hätte die Abhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von politischen Entscheidungen der Landtage und damit eine mögliche Gefährdung der Pressefreiheit bedeutet.

medienpolitik.net: Köln hat angekündigt nur in der bisherigen Höhe zu bezahlen, einige Unternehmen klagen und wollen gar nicht bezahlen, den Pflegeheimen haben die Intendanten die Gebühr erlassen. Kann sich jeder Beitragspflichtige aussuchen ob und wie viel er bezahlt? Wo bleibt da die Beitragsgerechtigkeit?

Ruprecht Polenz: Es ist vom Gesetzgeber vorgesehen, das neue Modell sehr zeitnah auf solche möglichen Ungerechtigkeiten hin zu überprüfen mit dem Ziel, sie zu beseitigen. Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass man dafür einige Monate brauchen wird. Ich gehe davon aus, dass sich die Kommunen in der Vergangenheit rechtskonform verhalten und für alle gebührenpflichtigen Empfangsgeräte die fällige Rundfunkgebühr entrichtet haben. Ich zweifle nicht daran, dass sich die Kommunen auch beim neuen Rundfunkbeitrag rechtskonform verhalten und ihren staatsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen werden. Die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice sollten aber Kommunen oder öffentliche Einrichtungen unterstützen, wenn es darum geht, die Beitragspflichtigkeit von Betriebsstätten zu ermitteln.

medienpolitik.net: Die Länder wollen frühestens Mitte 2014 – wenn überhaupt -nachjustieren. Reicht das angesichts der vielfältigen Kritik aus?

Ruprecht Polenz: Entscheidend kommt es darauf an, dass bei der vorgesehenen Evaluierung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags valides Zahlenmaterial vorliegt. Das wird einige Monate dauern. Danach ist die Auswertung möglich. Daneben müssen die eingegangenen Beschwerden auf ihre Begründetheit überprüft und ausgewertet werden. Ich gehe davon aus, dass die Länder die Evaluierung und eventuelle Korrekturen so zügig wie möglich vornehmen werden.

medienpolitik.net:Wenn die Gesellschaft in noch größerem Maß als bisher für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einbezogen wird, müssten dann nicht auch Regelungen wie die Sieben-Tage-Frist bei Mediatheken oder ähnliches abgeschafft werden?

Ruprecht Polenz: Ja. Ich weiß aus vielen Anfragen und Beschwerden, dass diese Sieben-Tage-Frist von Zuschauern sehr stark kritisiert wird. Für viele jüngere Nutzer sind die Mediatheken inzwischen der entscheidende Zugang zu den Angeboten von ARD und ZDF ist. Man sollte es den Rundfunkanstalten überlassen, wie lange sie ihre Beiträge über Mediatheken abrufbar halten wollen. Das würde sicher auch der Akzeptanz des Rundfunkbeitrages dienen.

medienpolitik.net: Stellt die langfristige Sicherung der Finanzierung auch eine Verpflichtung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar?

Ruprecht Polenz: Der Rundfunkbeitrag liegt mit monatlich 17,98 € – anders als von einigen Printmedien in den vergangenen Wochen immer wieder behauptet – im europäischen Mittelfeld. Für umgerechnet einen Euro pro Woche erhalten Zuschauerinnen und Zuschauer vom ZDF ein Hauptprogramm, drei Digitalkanäle und anteilig vier Partnerprogramme. Dazu kommen die Telemedienangebote, insbesondere die oben angesprochenen Mediatheken. Nach meinem Eindruck stehen damit Programmleistung und Beitrag in einem angemessenen Verhältnis. Der Beitrag bietet damit eine Art Flatrate für öffentlich-rechtliches TV, Radio und Internet. Den Sendern obliegt es freilich, diese Gefäße mit qualitativ hochwertigen Programmen aus allen Genres zu füllen.

medienpolitik.net: Was kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten, um die Akzeptanz des Rundfunkbeitrages zu erhöhen?

Ruprecht Polenz: Neben einer immer wieder unter Beweis zu stellenden Qualität des Programms ist „Transparenz“ für mich ein weiteres Stichwort. Wenn KEF-Berichte nur noch von Experten zu entschlüsseln sind, sollten ARD und ZDF ein Interesse haben, dass für eine interessierte Öffentlichkeit die finanziellen Grundlagen ihrer Programmarbeit nachvollziehbar sind. Hier können die öffentlich-rechtlichen Sender noch stärker vom Zuschauer her denken.

Das Interview wurde in der promedia-Ausgabe Nr. 03/2013 erstveröffentlicht.

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