Medienregulierung:

„Die Politik will die Medienvielfalt stärken“

von am 22.03.2013 in Allgemein, Archiv, Infrastruktur, Internet, Leistungsschutzrecht, Medienförderung, Medienordnung, Medienpolitik, Medienregulierung, Netzpolitik, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Regulierung, Rundfunk, Verlage

<h4>Medienregulierung:</h4> „Die Politik will die Medienvielfalt stärken“
Staatssekretärin Jacqueline Kraege, Chefin der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz I © Staatskanzlei Rheinland-Pfalz

Lokale Medien in der digitalen Welt 

Anforderungen an Politik und Regulierung für vielfältige und zukunftsfähige Lokal- und Regionalmedien

22.03.13 Rede von Jacqueline Kraege, Chefin der Staatskanzlei  Rheinland-Pfalz, am 21. März 2013, 16.00 Uhr, beim DLM-Symposium 2013 in Berlin

In ihrer ersten öffentlichen medienpolitischen Rede hat die neue Chefin der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz, Jacqueline Kraege, die zugleich die Rundfunkkommission der Länder leitet, Kritik am Leistungsschutzrecht für Presseverlage geübt und sich gegenüber staatlichen Subventionen für die Presse skeptisch geäußert. Gleichzeitig bezeichnete sie eine Einigung im Streit um die „Tagesschau-App“ „überfällig“, machte aber deutlich, dass die Politik nichts neu regeln werde: „Die Parteien müssen zu einer tragfähigen Lösung kommen.“

Rede zum Nachlesen

© Quelle: DLM-Symposium 2013

Kurzes Gespräch Werner Lauf mit Staatssekretärin Jacqueline Kraege nach der Rede



© Quelle: DLM-Symposium 2013

Sehr geehrter Herr Dr. Brautmeier,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

haben Sie vielen Dank für die Einladung zum DLM-Symposium 2013. Es freut mich sehr, dass ich in meiner neuen Funktion als Vertreterin des Vorsitzlandes der Rundfunkkommission der Länder bei dieser traditionsreichen Veranstaltung zu Ihnen sprechen darf. Ich freue mich darauf, mit Ihnen in Zukunft die spannenden und zugleich herausfordernden Themen der Medienpolitik zu diskutieren. Dazu gehört auch die Zukunft der Lokalmedien.

Lokale Medien haben für Bürgerinnen und Bürger in ihrem jeweiligen Umfeld eine große Bedeutung. Diese Aussage, die mit Blick auf das Medium Tageszeitung auf breite Zustimmung stößt, gilt ohne weiteres auch für lokales Radio und Fernsehen.

Während ein Großteil der Medien über das Weltgeschehen berichtet, interessieren sich die Menschen häufig am stärksten für die Ereignisse vor der eigenen Haustür. Trotz oder vielleicht sogar wegen der Globalisierung ist das Interesse der Mediennutzer am Geschehen in ihrem lokalen Umfeld ungebrochen.

Leider bringt diese hohe Nutzerakzeptanz nicht automatisch wirtschaftliche Sicherheit. Wie die Printmedien leidet auch der lokale Rundfunk unter strukturellen Veränderungen im Medienmarkt. Sie resultieren aus dem Siegeszug des Internets und dem entsprechend veränderten Verhalten der Nutzer wie der Werbewirtschaft, die zunehmend Werbegelder in die Onlinemedien verlagert. Da vor allem soziale Netzwerke und Communities die Reichweitengewinner im Netz sind und die Suchmaschinenwerbung weiter zunimmt, spricht viel dafür, dass weitere Umschichtungen der Werbebudgets stattfinden werden. Hinzu kommt, dass internationale und nationale Medienkonzerne – ich nenne hier nur beispielhaft Google, Facebook, Groupon oder ProSiebenSat.1 – in die regionalen Werbemärkte streben. Parallel zu dieser Entwicklung werden die Lokalmedien im Zuge der Digitalisierung mit zahlreichen technischen Neuerungen sowie neuen digitalen Verbreitungswegen wie Smart-TV, IPhone und IPad konfrontiert, die zwar einerseits neue Chancen ermöglichen, andererseits aber auch erhebliche Investitionen erfordern. Dies stellt insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen vor große strategische und finanzielle Herausforderungen.

Ausgangspunkt der Anforderungen an die Regulierung für vielfältige und zukunftsfähige Lokalmedien ist zunächst die Frage, wie die Unternehmen aus eigener Kraft die Herausforderungen der Digitalisierung und der medialen Globalisierung meistern können. Hier passiert nämlich schon jetzt eine ganze Menge. Viele lokale Verlage setzen bereits auf das Zusammenspiel zwischen gedruckter Tageszeitung und neuen multimedialen Apps. Mit Tablet-Angeboten und Bezahlschranken kommt Bewegung in das digitale Geschäftsmodell. Ein anderes Beispiel sind Lokal-TV-Veranstalter, die neuerdings Video-Inhalte und lokale Nachrichten über TV-basierte Apps auf Smart-TV-Plattformen anbieten. Seit Januar 2013 gibt es gar ein HbbTV-Portal für Lokalfernsehen via Satellit.

Für die Politik bleiben eine Reihe von Ansatzpunkten, die zu einer Stärkung der Lokal- und Regionalmedien beitragen können. Zunächst kommt es darauf an, Chancengleichheit im Verhältnis zu den großen Playern herzustellen und sichere Bedingungen für die Transformation der Geschäftsmodelle in die digitale Welt zu schaffen. Neudeutsch ausgedrückt: ein Level-Playing-Field. Das bedeutet einerseits klare Rahmenbedingungen für gleiche Entwicklungschancen, schließt andererseits aber auch ein einheitliches Schutzniveau für publizistische Leistungen lokaler Medien ein.

Ob das kürzlich vom Bundestag beschlossene Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu solch klaren Rahmenbedingungen gehört, möchte ich allerdings bezweifeln. Zwar halte ich das Schutzinteresse der Verleger grundsätzlich für berechtigt, doch scheint die Regelung nicht hinreichend präzise zwischen den verschiedenen Interessen abzuwägen. Morgen wird der Bundesrat darüber entscheiden, ebenso wie über die Themen Presse-Grosso und Pressefusion. Letzteres ist auch in unserem Zusammenhang ein wichtiger Punkt, denn Nachbarschaftsfusionen von Zeitungen noch stärker zu erleichtern, sofern redaktionelle Vielfalt und Unabhängigkeit gewahrt bleiben, kann lokalen Verlagen helfen.

Auch eine Einigung im Streit um die „Tagesschau-App“ ist überfällig. Die Medienpolitik hat an dieser Stelle auf den Verhandlungsweg gesetzt, da die Problematik mit Rechtsnormen allein nicht in den Griff zu bekommen ist. Die Parteien müssen zu einer tragfähigen Lösung kommen. Wir sind hier auch gerne bereit, erneut zu vermitteln.

Faire Rahmenbedingungen für Lokalmedien müssen auch bei der Werberegulierung gelten. Auf europäischer Ebene wollen wir die mit der Mediendiensterichtlinie erfolgte Werbeliberalisierung weiter vorantreiben. Da für lokales Fernsehen auf landesrechtlicher Ebene bereits weitgehende Ausnahmen von diesen Vorgaben bestehen, hätte dies jedoch wohl primär Auswirkungen nur auf die bundesweiten Veranstalter. Dies könnte auch der Fall bei einer weitergehenden Beschränkung der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein. Nach der Neuordnung von dessen Finanzierungsgrundlagen soll die Frage einer stufenweisen weiteren Reduzierung von Werbung und Sponsoring zusammen mit der Evaluierung des neuen Rundfunkbeitrags wieder auf den Tisch kommen. Die Ministerpräsidenten haben hierzu bereits die KEF mit der Erstellung eines Sonderberichts zu den Auswirkungen eines möglichen Werbeverbots beauftragt. Unmittelbar betroffen hiervon sind zweifelsohne die lokalen und regionalen Radiosender, denn geprüft werden soll auch eine ausnahmslose Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Hörfunkwerbung auf den staatsvertraglichen Rahmen von 90 Minuten bzw. das so genannte NDR-Modell von 60 Minuten werktäglich. Dabei halte ich eine stufenweise Limitierung der Werbezeiten bei den öffentlich-rechtlichen Radiostationen und eine ländereinheitliche Werbezeitenregelung für das ARD-Radio für den richtigen Schritt. Voraussetzung ist für mich jedoch, dass wir diesen Schritt auch länderübergreifend gemeinsam gehen. Wir sollten dies diskutieren.

Nicht zuletzt bewegt das Thema „regionalisierte Werbung“ derzeit die Gemüter. Ich vermute, bereits heute morgen wurde deutlich, dass Lokalradio, Lokal-TV, aber auch die regional verankerten Verlage mit Besorgnis dieses Vorhaben der ProSiebenSat.1-Gruppe verfolgen. Nachdem die Sendergruppe ihre Pläne vorgestellt hatte, wurde von der Rundfunkkommission beschlossen, die Problematik in einer Arbeitsgruppe näher zu untersuchen. In einem Punkt ist man sich dabei bereits einig: Die Werbung ist Bestandteil des bundesweiten Programms. Daher bedeutet die Aufnahme regionalisierter Werbung eine Veränderung des Programms, die von der bestehenden Lizenz nicht gedeckt ist. Sender, die regionalisierte Werbung anbieten wollen, müssen also eine entsprechende Zulassung beantragen, die sich nach dem jeweiligen Landesrecht richtet. Das kann je nach Landesrecht bedeuten, dass eine Erlaubnis, ein Verbot oder eine Bedingung an eine solche Zulassung geknüpft wird. Zur Klarstellung könnte eine Öffnungsklausel in den Rundfunkstaatsvertrag eingefügt werden, die die konkrete Ausgestaltung dann dem jeweiligen Landesrecht überlässt. Eine landesrechtliche Option dabei ist: Wer regionalisierte Werbung veranstaltet, soll auch regionalisierte Inhalte anbieten müssen. Denn es ist der Vielfalt bei Tageszeitungen und Lokalrundfunk sicher nicht dienlich, wenn ProSiebenSat.1 nur von lokalen Werbeeinnahmen profitiert, ohne zur regionalen Berichterstattung einen zusätzlichen Beitrag zu leisten. In ihrer nächsten Sitzung wird die Rundfunkkommission über einen konkreten Regelungsvorschlag beraten.

Eine weitere Möglichkeit zur Stärkung der Lokalmedien ist freilich deren Förderung. Aus wirtschaftlicher Sicht kann zwischen einer direkten Förderung in Form von Subventionen und einer indirekten Förderung durch sonstige Maßnahmen unterschieden werden.

Angesichts der ständigen Hiobsbotschaften vom Zeitungsmarkt ist nicht verwunderlich, dass der Ruf nach staatlicher Förderung lauter wird. In Deutschland sind wir mit Pressesubventionen zu Recht sehr zurückhaltend. Die Staatsferne der Presse entspricht guter demokratischer Tradition. Insbesondere der unabhängige Lokaljournalismus und selbständige Lokal- und Regionalzeitungen sind für die Willensbildung auf kommunaler Ebene von geradezu elementarer Bedeutung. Deswegen lehnen – soweit ich informiert bin – auch die deutschen Verlegerverbände Staatshilfen für die Presse ab.

Im Bereich des Lokalrundfunks, insbesondere beim Lokalfernsehen, spielt die Förderung traditionell eine größere Rolle. Zunächst gibt es die Möglichkeit der direkten Förderung, etwa bei der Produktions- und Sendetechnik sowie bei der verbreitungstechnischen Infrastruktur. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 40 Rundfunkstaatsvertrag. Danach können die Landesmedienanstalten ihren Rundfunkbeitragsanteil zur Finanzierung besonderer Aufgaben, insbesondere zur Förderung technischer Infrastruktur einsetzen. Immer wieder gefordert wird eine Öffnung des § 40 zur Förderung von Lokalrundfunk losgelöst von der Infrastruktur. Gemeint sind etwa Programmkostenzuschüsse oder auch Leistungsaufträge für lokale oder regionale Inhalte in Anlehnung an das etablierte Schweizer Fördermodell.

Dies würde jedoch ein grundsätzliches Umsteuern bei der Regulierung des privaten Rundfunks bedeuten. Einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf funktionsgerechte Finanzierung hat nämlich allein der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Es gibt keine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den privaten Rundfunk, auch nicht für Lokalrundfunk. Dies folgt unmittelbar aus seiner Stellung im dualen System. Seine Existenz ist an die Gewährleistung der gebührenfinanzierten Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gekoppelt. Beim privaten Rundfunk kann der Gesetzgeber grundsätzlich darauf vertrauen, dass Marktprozesse eine Vielfalt des Rundfunkangebots und eine angemessene Finanzierung sicherstellen. Ergeben sich jedoch Hinweise darauf, dass diese allein nicht mehr ausreichen, um vielfältige Programmangebote zu gewährleisten, muss der Gesetzgeber ordnend eingreifen. Dies folgt aus seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Ausgestaltung der Rundfunkordnung. Ob hieraus jedoch eine Finanzierungspflicht resultiert, darf angesichts des Spielraums des Gesetzgebers bei dieser Ausgestaltung aber bezweifelt werden.

Auch finanzielle Anreize, um zu bestimmten Programmangeboten zu motivieren, bedürfen einer besonderen Rechtfertigung und der Beachtung der Grundsätze der Programmfreiheit und Staatsferne des Rundfunks. Ziel zulässiger Ausgestaltung – auch im Bereich der Finanzierung – kann allein die Förderung der Rundfunkfreiheit sein. Das Ziel öffentlicher Meinungsbildung verlangt dabei auch im lokalen Bereich eine gleichgewichtige Vielfalt der Meinungen. Aber die Finanzierung privater Inhalte durch die öffentliche Hand birgt immer auch ein Risiko für die Meinungsvielfalt. Und deshalb ist dieses Gebot so wichtig.

Theoretisch denkbare weitere Instrumente einer direkten finanziellen Förderung wären eine gesonderte Abgabe, eine Finanzierung unmittelbar aus dem Landeshaushalt oder eine Ergänzung der Finanzmittel aus dem Rundfunkbeitragsaufkommen.

Was eine gesonderte Abgabe betrifft, ist zu bedenken, dass eine solche stets einen Eingriff in die Handlungsfreiheit des Zahlenden bedeutet und auch deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Seit der Entscheidung zum bayerischen Teilnehmerentgelt – dem so genannten Kabelgroschen – ist uns bewusst, dass eine direkte Förderung nur für solche Programme erfolgen darf, die grundsätzlich den Kommunikationsinteressen aller Zahlungspflichtigen dienen.

Nicht zuletzt deshalb ist man in Bayern zu einer Finanzierung von lokalen und regionalen Anbietern unmittelbar aus dem Staatshaushalt übergegangen. Ein solches Modell wird dem Grundsatz der Staatsfreiheit gerecht, wenn keine unzulässige Einflussnahme durch den Staat – etwa durch Budgetierung oder Auswahlentscheidung – stattfindet. Bayern trägt dem durch ein zweistufiges Zuwendungssystem Rechnung, das zunächst die BLM zum Empfänger der Gelder macht, die diese dann in eigener Verantwortung weiterleitet. Zur Zeit ist diese Finanzierung bis 2016 befristet.

Damit bliebe eine Ergänzung der Finanzmittel aus dem Rundfunkbeitrags­aufkommen. Hier sind ganz abstrakt zwei Varianten denkbar: Einerseits eine Beteiligung lokaler Rundfunkveranstalter an dem Beitragsanteil der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und andererseits eine Erhöhung des Gesamtbeitragsaufkommens zugunsten lokaler Privatsender. Während eine Beteiligung am öffentlich-rechtlichen Anteil schon nicht mit der Finanzautonomie der Rundfunkanstalten vereinbar erscheint, steht einer Beitragserhöhung allerdings das Streben nach einer maßvollen Abgabenlast der Beitragspflichtigen entgegen. Stichwort: „Beitragsstabilität“. Daran ändert auch der gerade vollzogene Wechsel von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag nichts. Ganz im Gegenteil. Denn es kommt mitnichten – wie von vielen vermutet – zu einer „Bescherung“ für ARD, ZDF und Deutschlandradio mit einer erheblichen Steigerung des Abgabevolumens. Vielmehr hatte man auf der Grundlage komplizierter Berechnungen mit einer Vielzahl von Grundannahmen eher Schwierigkeiten damit, die künftigen Erträge auf etwa gleich hohem Niveau zu halten. Zum anderen wird die KEF peinlich genau darauf achten, dass die Rundfunkanstalten keinen Cent über den festgestellten Bedarf hinaus erhalten. Sollte es – entgegen aller Annahmen – also tatsächlich zu Mehreinnahmen aufgrund des Systemwechsels kommen, werden diese dazu verwendet werden, den Rundfunkbeitrag trotz Teuerungsrate auch zukünftig stabil bei 17,98 Euro zu halten oder gar zu senken. Und wer in den letzten Wochen Zeitung gelesen hat, wird angesichts der Kritik an dem neuen Rundfunkbeitrag auch verstehen, dass die Medienpolitik gut beraten ist, an dieser Stelle die klare Geschäftsgrundlage für die Einführung des neuen Beitragsmodells nicht nachträglich in Frage zu stellen. Statt einer Debatte über die Verteilung noch nicht festgestellter Mehreinnahmen, ist es wichtig, dass Effizienz- und Rationalisierungsmaßnahmen der Rundfunkanstalten umgesetzt werden. Dies erhöht die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern und sichert damit letztlich das gesamte duale Rundfunksystem.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle auch das europäische Beihilferecht, das bei einer direkten Förderung von Lokalmedien auch stets zu beachten ist. Wann überhaupt eine Beihilfe vorliegt, ist nicht immer zweifelsfrei. Während bei einer unmittelbaren Finanzierung aus dem Staatshaushalt vieles dafür spricht, ist die Beurteilung eines Systems wie der Rundfunkbeitragserhebung – wie wir wissen – äußerst umstritten. Ob eine Förderung von Medieninhalten darüber hinaus eine unzulässige Beihilfe darstellt, hängt entscheidend von deren Ausgestaltung ab. Dabei erkennt das Unionsrecht den Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durchaus an. Entscheidender Dreh- und Angelpunkt für die Förderung von Rundfunkinhalten ist die hinreichend definierte Betrauung mit einer Dienstleistung von öffentlichem Interesse – womit wir uns mitten in einem Spannungsverhältnis mit der verfassungsrechtlich garantierten Programmautonomie befinden.

Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass eine direkte Förderung lokaler Medieninhalte zwar theoretisch möglich ist, ganz abgesehen von der politischen Durchsetzbarkeit aber strengen verfassungsrechtlichen wie europarechtlichen Vorgaben unterliegt.

Daneben gibt es noch die Möglichkeit der indirekten Förderung von Lokalfunk, etwa durch die Vorgaben im Rundfunkstaatsvertrag zu Regionalfenstern in reichweitenstarken Programmen (§ 25 Abs. 4 RStV) und die Bonuspunkteregelung (§ 26 Abs. 2 RStV). Von diesem Instrument profitiert derzeit vor allem der Osten Deutschlands nicht, da der Rundfunkstaatsvertrag nur den Status quo festgeschrieben hat.

Die Länder sind jedoch gerade dabei, das geltende Recht zur Sicherung der Meinungsvielfalt und der regionalen Vielfalt insgesamt an die veränderten Bedingungen einer zunehmend konvergenten, digitalen Medienwelt anzupassen. In diese Überarbeitung sollen auch Regelungen einbezogen werden, die insbesondere in Ländern ohne regionale Fenster zur Vielfalt der lokalen und regionalen Rundfunkangebote beitragen können. Denn es ist erklärtes Ziel der Reform des Medienkonzentrationsrechts, die regionale und lokale Berichterstattung zu stärken. Zu diesem Zweck soll die bestehende Bonuspunkteregelung ausgebaut werden. Zusätzliche Bonuspunkte kommen einerseits für neue Regionalfensterangebote in den bisher nicht entsprechend versorgten Gebieten in Betracht. Diskutiert wird aber auch ein Fonds für Infrastrukturmaßnahmen zugunsten von Lokal- und Regionalfernsehanbietern, der von den begünstigten bundesweiten Fernsehveranstaltern gespeist wird. Lokale und regionale Fernsehveranstalter leisten einen nachgewiesenen Beitrag zur Meinungsvielfalt. Durch eine verbesserte Qualität der Herstellung und Verbreitung lokaler Angebote ließe sich eine Verbesserung der Medienvielfalt im jeweiligen Verbreitungsgebiet erreichen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Infrastrukturfonds eine einem Regionalfenster nach Reichweite und Inhalten vergleichbare Wirkung für die Meinungsvielfalt entfaltet. Dies anhand Ausgestaltung und Umfang der Aktivitäten zu prüfen obläge der KEK, genauso wie die Festsetzung der jährlichen Fördersumme, die sich an den Kosten eines Regionalfensters in einem nach Einwohnerzahl und Fläche vergleichbaren Land orientieren könnte.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich an dieser Stelle meinen – sicherlich nicht abschließenden – Überblick über die Handlungsmöglichkeiten der Medienpolitik beenden und als Fazit festhalten, dass es Aufgabe der Politik ist, zunächst ein Level-Playing-Field herzustellen, auf dem sich die lokalen Medien auch in einer digitalisierten Welt gegenüber den Global Playern behaupten können. Darüber hinaus scheint es mir lohnend, marktmächtige und leistungsfähige Veranstalter zu Leistungen zugunsten lokaler Anbieter zu animieren und die entsprechenden Anreize hierzu zu entwickeln.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mehr Informationen finden Sie unter www.dlm-symposium.org
Die Pressemitteilung zur Veranstaltung finden Sie hier.

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