Medienregulierung:
Die klassische Medienkonzentrationskontrolle muss weiterhin Bestand haben

Am Mittwoch, den 16. 1. 2013, fand ein öffentliches Fachgespräch zum Thema „Breitbandversorgung, Medienkonvergenz und Leitmedien – Ausgewählte Aspekte des Medienwandels und ihre politischen Implikationen“ statt. Eingeladen hatte der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) auf Initiative des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie unter Vorsitz von Ernst Hinsken (CDU/CSU).
16. 1. 2013 Statement von Tabea Rößner, MdB und Sprecherin für Medienpolitik und Demografie für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen
Ich begrüße diesen Bericht des TAB-Büros ganz außerordentlich. Die Beauftragung des TAB mit diesem Bericht lag schon in der vergangenen Legislatur und man hätte davon ausgehen können, dass sich die damals aufgeworfen Fragen durch Anpassung der politischen Regulierung bereits erledigt hätten. – Man hätte – . Heute müssen wir feststellen, es hat sich inzwischen vieles gewandelt. Von der Medienkonvergenz wurde von fünf Jahren viel gesprochen, inzwischen ist sie noch viel weiter fortgeschritten. Aber die Regulierung ist weitgehend noch immer die gleiche, die sie auch schon war, als der Bericht in Auftrag gegeben wurde. Dieser Bericht zeigt aber sehr deutlich die Handlungsfelder auf und gibt auch Handlungsempfehlungen, die wegweisend und klar & deutlich sind.
Vor fünf Jahren war auch der Breitbandausbau schon ein wichtiges Thema in der Politik, heute aber ist klar – er hätte noch viel prioritärer behandelt werden müssen. Wir haben zwar durch LTE im letzten Jahr Fortschritte bei der Versorgung mit schmalbandigen Breitbandanschlüssen gemacht und die Grundversorgung mit schnellerem Internet kommt langsam voran. Aber noch immer gibt es Haushalte, die nicht einmal 1 Mbit/s zur Verfügung haben, noch immer liegen bei der Bundesnetzagentur tausende von Anträge zum LTE-Ausbau und beim Glasfaserausbau bleibt Deutschland hinter anderen Ländern, auch in der EU, zurück. So ist das Ziel in Deutschland bis 2014 nur 75 Prozent der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s anzubinden. In Finnland sollen 2015 schon 99 Prozent aller Haushalte Übertragungsraten von 100 Mbit/s zur Verfügung stehen. In Japan soll das Glasfasernetz 2015 flächendeckend sein. Ich halte das nicht für ein Ziel, das Deutschland verfolgen soll – also Glasfaser bis in jede Almhütte und jedes Haus auf der Hallig verfügbar zu machen. Der Bericht macht durch den Ländervergleich auch deutlich, dass es kein Patentrezept gibt, dem alle Staaten einfach folgen können (S. 48), weil die Gegebenheiten in jedem Land eben so unterschiedlich sind.
Aber Deutschland ist gerade beim Glasfaserausbau nicht der Vorreiter und die Ambitionen der Bundesregierung erscheinen – mit angezogener Handbremse vorzugehen. In der Diskussion später werden wir sicherlich auf die unterschiedlichen Vorschläge der Fraktionen eingehen, das Problem der mangelnden Breitbandanbindung zu lösen. Der Bericht geht auch auf „Open Access Networks“ beim Glasfaserausbau ein. Hier ist Deutschland lange Zeit nicht regulatorisch eingegriffen und hat erst 2010 das NGA-Forum der Bundesnetzagentur gegründet. Der Bericht fasst die Ergebnisse gut zusammen. Ich fände es spannend, hier weiter zu denken und zu diskutieren, ob eine verstärkte – an Open-Access gekoppelte- Förderung sinnvoll und zielführend.
Der Bericht macht deutlich, dass das Internet zunehmend das Leitmedium im Zugang zu politisch und meinungsrelevanten Informationen ist.
Die klassische Medienkonzentrationskontrolle muss jedoch weiterhin Bestand haben. Denn: die Vielfalt von Inhalten und Informationsquellen muss gesichert bleiben. Ein wesentlicher Teil der Informationen und Inhalte der im Netz genutzt wird, stammt ja von den etablierten Medienhäusern.
Der Bericht zeigt auch auf, dass nur ein Bruchteil der Inhalte im Internet tatsächlich wahrgenommen wird. In Deutschland ist zum Beispiel „T-Online“ die beliebteste Website, viele Nutzer bleiben auf dieser Seite – auch um Nachrichten zu lesen. Damit ist hier ein Infrastrukturanbieter auch in diesem Bereich ein Inhalteanbieter mit großer Marktmacht geworden. Das ist eine Form der vertikalen Medienkonzentration. Insofern merkt der Bericht aus gutem Grund an, dass die Regulierung hier überprüft werden sollte.
Der Bericht stellt fest: Ein neues Modell der Medienkonzentrationskontrolle muss weitere Faktoren einbeziehen. Zum einen die Online-Nutzung. Der Bericht schlägt sogar vor, dass mit einbezogen werden soll, dass die von Nutzern deutlich höher eingeschätzte Informationskompetenz der öffentlich-rechtlichen einbezogen werden soll. Wie ein solches Modell operationalisiert werden soll, ist sicherlich eine Frage. Aber ich halte diesen Aspekt für wichtig und richtig. Ebenso sollte die Regulierung im Bereich der Plattformneutralität angepasst werden, weil Gatekeeper wie Apple oder Googles Android mit geschlossenen Plattformen inzwischen oligopole Strukturen aufweisen.
Es stellen sich also drei Fragen, die die Medienpolitik angehen muss (und das betrifft zum Teil die Länderebene, zum Teil die Bundesebene, was erklärt, warum es ein langsamer Prozess ist)
- Müssen sich die Institutionen der Medienregulierung der Konvergenz der Medien anpassen (ich würde denken: ja. Sie müssten sich zumindest stärker abstimmen und koordinieren und eine Art „One-stop-shop“ bilden).
- Wie ist die Zuordnung neuer Medienangebote zu den etablierten Kategorien Rundfunk, Telemedien oder Telekommunikation in Zukunft vorzunehmen?
- Wie kann die Anbietervielfalt in der konvergenten Medienwelt garantiert werden.
Der Bericht empfiehlt als Folge aus diesen Entwicklungen – dass das Internet das Leitmedium geworden ist – und der erodierenden Auflagen von Zeitungen, die Sicherung des Qualitätsjournalismus zu diskutieren. Das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt.
Zur Diskussion gehört zum Beispiel eine Stiftung Journalismus, ähnlich der Filmförderung
ein Anreizsystem für die Qualität im Privat-TV und die Kooperation zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Zeitungen
Außerdem stellt der Bericht die „Verweildauerregelung“ der Online-Inhalte der öffentlich-rechtlichen zur Diskussion. Hier sollte laut dem Bericht eine ausführliche Analyse stattfinden, weil sich das auf der einen Seite auf das Qualitätsspektrum der Inhalte und auf der anderen Seite auf das Entstehen innovativer Formate auswirkt.