Hörfunk:
Breites Interesse an UKW-Infrastruktur

Im Herbst 2017 beginnt die offene e-Auktion auch für Dritte
24.07.17 Interview mit Wolfgang Breuer, Vorsitzender der Geschäftsführung bei MEDIA BROADCAST
MEDIA BROADCAST‘s Plan, die ihr gehörenden UKW-Infrastrukturen zu verkaufen, hat für Diskussionen in der Radiobranche gesorgt. Derzeit spricht das Unternehmen mit den aktuellen Nutzern der Sender und Antennen, ob sie diese erwerben wollen. Im Herbst sollen die bis dahin nicht verkauften Anlagen über eine offene Online-Auktion versteigert werden. Medienpolitik.net sprach mit Wolfgang Breuer, Vorsitzender der Geschäftsführung bei MEDIA BROADCAST, über den aktuellen Stand des Verfahrens.
medienpolitik.net: Herr Breuer, die meisten Hörer empfangen Radio nach wie vor über UKW. Ist es nicht widersinnig, sich von den UKW-Antennen und -Sendern zu trennen?
Wolfgang Breuer: Wir sind davon überzeugt, dass auch beim Radio die Zukunft im Digitalen liegt. Deshalb werden wir uns künftig auf digitale Übertragungstechniken konzentrieren. Nach dem Verkauf werden wir den Kunden jedoch weiter Serviceleistungen für ihre UKW-Anlagen anbieten.
medienpolitik.net: Wo stehen Sie aktuell bei dem Verfahren?
Wolfgang Breuer: Wir kommen gut voran. Derzeit sprechen wir mit den aktuellen Nutzern von UKW-Infrastrukturen, ob sie diese noch vor der eAuktion und somit vor Dritten erwerben wollen. Das Interesse seitens der Kunden daran ist beachtlich. Die Gespräche verlaufen konstruktiv. Damit kommen wir unserer Verantwortung gegenüber aktuellen Kunden und den Belangen des Rundfunks in besonderer Weise nach. Im Herbst beginnt dann die offene eAuktion. Hier werden dann neben den aktuellen Kunden auch Dritte die Möglichkeit haben, einzusteigen.
medienpolitik.net: Können Sie schon Ergebnisse melden?
Wolfgang Breuer: Ja. Mit einigen Veranstaltern haben wir uns über den Kauf von UKW-Infrastrukturen bereits geeinigt. Mit vielen anderen sind wir in konstruktiven Verhandlungen. Wir hoffen diese bald abschließen zu können.
medienpolitik.net: Warum sollte ein Radioveranstalter in eine eigene Netzinfrastruktur investieren?
Wolfgang Breuer: Für den Veranstalter ist es der beste Weg, den Sendenetzbetrieb in Zukunft in gewohnter Form zu gewährleisten. Mit dem Erwerb der von ihm bereits heute genutzten UKW-Antennen und –Sender sichert er sich einen planbaren Betrieb mit bewährter Technik, die wir gerne für ihn weiter betreuen. Er läuft in kein Umschaltrisiko und macht sich unabhängig von Dritten. Die Reichweite im Sendegebiet bleibt bestehen.
medienpolitik.net: Der Veranstalter könnte aber auch neue Technik aufbauen?
Wolfgang Breuer: Viele denen ein Angebot von Wettbewerbern zum Neubau vorliegt, verhandeln trotzdem mit uns. Sie haben erkannt, dass sie mit dem Kauf unserer UKW-Infrastruktur technisch hochwertige Anlagen zu einem attraktiven Preis bekommen. Zudem findet der Übergang reibungslos statt. Es gibt kein Umschaltszenario und der Veranstalter gewinnt mit dem Erwerb unserer Infrastrukturen Rechtssicherheit für die Zeit nach Ablauf des jeweiligen Vertrages mit seinem aktuellen Netzbetreiber. Die Wettbewerber müssen erst noch beweisen, dass sie die nötige Finanzkraft haben, ihre Versprechen zu realisieren.
medienpolitik.net: Für Unruhe sorgt der von Ihnen angekündigte Abbau nicht verkaufbarer Antennen und Sender…
Wolfgang Breuer: Grundsätzlich wollen wir alle UKW-Infrastrukturen verkaufen. Sollte es jedoch Anlagen geben, für die es wider Erwarten kein Angebot gibt und für die somit keine Nachfrage besteht, sind wir verpflichtet diese abzubauen. Wir wollen auch keine Standortmieten für ungenutzte Infrastrukturen zahlen.
medienpolitik.net: Wie steht es um die Vorbereitung der Online-Auktion?
Wolfgang Breuer: Mit der Auktion haben wir das offenste und transparenteste Instrument des Verkaufs gewählt. Wir liegen auch hier voll im Plan. Wir werden alle Marktbeteiligte rechtzeitig über Einzelheiten der Auktion informieren und entsprechend schulen, damit das Verfahren professionell und geordnet erfolgen kann. Die Anlagen werden von einem erfahrenen, unabhängigen Gutachter in Augenschein genommen. Er schätzt den Preis eines Neubaus ab, prüft und dokumentiert den technischen Zustand und hält die Investitionssumme für die nächsten zehn Jahre fest, sollte diese erforderlich sein.
medienpolitik.net: Wo wird die Auktion stattfinden?
Wolfgang Breuer: Wir haben mit Newtron einen erfahrenen Anbieter für die Erstellung und den Betrieb der eAuktions-Plattform beauftragt.
medienpolitik.net: Medienberichten zu Folge haben Sie auch Belgravia gebeten, Sie dabei zu unterstützen.
Wolfgang Breuer: Das ist richtig. Belgravia ist eine Corporate-Finance-Beratung, die uns bei dem Kontakt mit branchenfremden Interessenten für die Versteigerung unterstützt. Einige dieser Unternehmen sind bereits mit uns im Gespräch.
medienpolitik.net: Kann es auch dazu kommen, dass alle UKW-Infrastrukturen an einen Käufer gehen?
Wolfgang Breuer: Einen Komplettverkauf des heutigen Netzes wird es nicht geben, weil heute schon Teile an bestehende Kunden verkauft worden sind. Natürlich kann in der Auktion ein einzelner Bieter für alle Lose der höchste Bieter sein. Es gibt Unternehmen, die in anderen Branchen bereits in komplette und damit auch regulierte Netze investiert haben.
medienpolitik.net: Was würde es für die Programmveranstalter bedeuten?
Wolfgang Breuer: Wenn sie nicht eigene Infrastrukturen erwerben und betreiben, müssen Veranstalter die Infrastruktur ggf. separat bei einem Dritten anmieten und den Sendernetzbetrieb einkaufen. Ich empfehle dringend, nicht darauf zu spekulieren, dass wir von unserem Plan abrücken.
Der Beitrag wurde in der promedia-Ausgabe 07/17 erstveröffentlicht.