„Der KEF soll eine Schlüsselfunktion zukommen“

Mecklenburg-Vorpommern fordert Profilschärfung des öffentlich-rechtlichen Auftrages und dessen teilweiser Flexibilisierung
18.06.2019. Interview mit Dr. Heiko Geue (SPD), Staatssekretär, Chef der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Auf ihrer Sitzung am 6. Juni haben die Ministerpräidenten das Thema „Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ vertagt. Zu unterschiedlich sind die Positionen weiterhin bei der Ausgestaltung der Indexierung, der Rolle der KEF und dem Spielraum der Sender bei einer Flexibilisierung des Auftrags. In einem medienpolitik.net-Interview betont Dr. Heiko Geue, Chef der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dass eine Vollindexierung allein sicher nicht genüge, um den Beitrag relativ stabil zu halten. „Gleichzeitig bedarf es einer Profilschärfung des öffentlich-rechtlichen Auftrages und dessen zumindest teilweiser Flexibilisierung. Auch müssen die notwendigen Kontrollmechanismen angepasst werden.“ Geue erwartet von einer Reform keine Reduzierung der Position der KEF: Sie soll im Wege eines laufenden Monitorings das Funktionieren der indexgesteuerten Finanzierung überwachen. Zudem werde bei der KEF auch die Verantwortung dafür liegen, „übermäßige Über- oder Unterdeckungen festzustellen und den Ländern hierzu Handlungsempfehlungen zu geben.“
medienpolitik.net: Herr Geue, die Ministerpräsidenten haben am 6. Juni das Thema „Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ erneut vertag. Teilen Sie die Auffassung des Hamburger Bürgermeisters, dass sich die Ministerpräsidenten „im Grundsatz über ein sogenanntes Index-Modell einig“ seien und es nur noch um die Modalitäten gehe?
Geue: Tatsächlich haben nach meiner Wahrnehmung die bisherigen Erörterungen im Kreis der Regierungscheffinnen und –chefs der Länder gezeigt, dass mit Blick auf das Indexmodell grundsätzlich ein Konsens möglich wäre. Gleichwohl haben einige Länder hierzu noch weitere landesinterne Abstimmungsbedarfe geltend gemacht, deren Auswirkungen auf den weiteren Prozess nur schwer vorherzusagen sind. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass die Reformbemühungen letztlich erfolgreich sein werden, was im Interesse eines zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland auch wünschenswert wäre. Mecklenburg-Vorpommern ist unverändert bereit, zu einem Gelingen des Reformansatzes beizutragen.
medienpolitik.net: Anscheinend verbinden einige Länder das Indexmodell weiter mit der Hoffnung, dass damit der Beitrag relativ stabil gehalten werden kann. Wird das allein mit einer Vollindexierung gelingen?
Geue: Eine Vollindexierung allein wird sicher nicht genügen. Gleichzeitig bedarf es, in diesem Punkt teile ich die Auffassung vieler Länderkollegen, einer Profilschärfung des öffentlich-rechtlichen Auftrages und dessen zumindest teilweiser Flexibilisierung. Auch müssen die notwendigen Kontrollmechanismen angepasst werden, freilich unter Wahrung der Programmautonomie und der sonstigen rundfunkverfassungsrechtlichen Vorgaben. Das Ziel der relativen Beitragsstabilität, davon bin ich überzeugt, kann nur gelingen, wenn wir diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, also die Reform als Paket begreifen.
medienpolitik.net: Wie kann dieses Ziel noch erreicht werden, wenn die Sender keine neuen Sparvorschläge vorlegen? ZDF und ARD gehen davon aus, dass mindestens 18,35 Euro notwendig seien, was den aktuellen Kosten entspräche…
Geue: Es besteht unter den Ländern Einigkeit in der Einschätzung, dass die bisherigen Einsparvorschläge der Anstalten und des Deutschlandradios unzureichend sind. Die weiteren Schritte auf Länderseite sind umfassend diskutiert worden. Schwierig sind solche Prozesse deshalb, weil unter den Ländern das Einstimmigkeitsprinzip gilt, bei oft divergierenden Interessenlagen. Das vorliegende Modell von Budgetierung, Indexierung und Flexibilisierung, also die Neujustierung des Finanzierungsrahmens, ist bei dieser Gemengelage momentan der vielversprechendste Ansatz. Im Übrigen werden die Sender auch im Zuge einer Umsetzung dieses Modells angehalten bleiben, Einsparpotentiale zu heben.
„Das Ziel der relativen Beitragsstabilität kann nur gelingen, wenn wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, also die Reform als Paket begreifen.“
medienpolitik.net: Zu den „Modalitäten“ gehört auch die weitere Rolle der KEF. Welche Aufgaben soll die KEF künftig weiterhin ausüben?
Geue: Die künftige Rolle der KEF zähle ich nicht zu den „Modalitäten“, im Gegenteil: der KEF soll im Rahmen des Reformmodells eine Schlüsselfunktion zukommen. Ihre Aufgabe wird nicht nur darin bestehen, im Wege eines laufenden Monitorings das Funktionieren der indexgesteuerten Finanzierung zu überwachen und hierüber regelmäßig zu berichten. Vielmehr wird bei der KEF auch die Verantwortung dafür liegen, übermäßige Über- oder Unterdeckungen festzustellen und den Ländern hierzu Handlungsempfehlungen zu geben. Schließlich sieht der Reformansatz auch vor, dass nach einem gewissen Erfahrungszeitraum mit dem Indexmodell eine Evaluierung erfolgt, in die auch ex-ante-Betrachtungen einfließen sollen.
medienpolitik.net: Mit der Idee des Budgets und der Flexibilisierung des Auftrags sollen die Anstalten schneller auf die technologischen Veränderungen und die Mediennutzung reagieren können. Lassen sich Budgetierung und Flexibilisierung nicht auch ohne Indexmodell umsetzen?
Geue: Unabhängig von dem Umstand, dass ein starres Budget – also ganz ohne Anpassungsverfahren – verfassungsrechtlich wohl nur schwer tragfähig wäre, habe ich bereits darauf hingewiesen, dass aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns das Reformmodell nur als Ganzes Sinn macht. Bei einer Teilumsetzung würde mit dem Indexsystem ein wichtiger Bestandteil bei der Umstellung der Finanzierung der Anstalten fehlen und damit das für uns wichtige Reformziel der relativen Beitragsstabilität gefährdet.
medienpolitik.net: Jetzt sollen auch Gespräche mit dem VAUNET stattfinden. Ist es dazu, kurz vor Abschluss der Debatte, nicht eigentlich zu spät?
Geue: Für Gespräche ist es nie zu spät. Die Länder haben sich bis zuletzt in internen Diskussions- und Abstimmungsprozessen befunden. In diese sind auch veröffentlichte oder den Ländern zugegangene Positionen und Stellungnahmen von Interessensvereinigungen privater Medien eingeflossen. Es geht jetzt darum, über den erreichten Diskussionsstand zu informieren und hierzu einen Meinungsaustausch zu ermöglichen.