„RT DE kann grundsätzlich eine Lizenz beantragen“

von am 04.02.2022 in Aktuelle Top Themen, Archiv, Medienordnung, Medienrecht, Medienregulierung, Medienwirtschaft, Regulierung

„RT DE kann grundsätzlich eine Lizenz beantragen“
Dr. Eva Flecken, Direktorin der MABB und Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der ZAK

Bei der Untersagung des Rundfunkangebotes von RT DE haben die Programminhalte keine Rolle gespielt  

04.02.2022. Interview mit Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der ZAK und Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten und Dr. Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB)

Als Reaktion auf Veranstaltungsverbreitung des Fernsehprogramms RT DE in Deutschland hat Russland den Auslandssender Deutsche Welle verboten. Das Büro der DW in Moskau soll schließen und die Mitarbeiter werden ihre Akkreditierung verlieren. Zudem kündigte das russische Außenministerium Sanktionen gegen „Vertreter deutscher staatlicher und öffentlicher Strukturen an, die an der Einschränkung der Ausstrahlung von RT beteiligt sind“.  Aufgrund der Tatsache, dass von der RT DE Productions GmbH keine Lizenz beantragt worden ist und eine solche auch nicht vorliegt, untersagte die „Kommission für Zulassung und Aufsicht“ (ZAK) der Medienanstalten RT DE die live-Verbreitung von RT DE als Stream auf den Websites, über die Mobile und Smart TV App „RT News“ und über Satellit. Die Inhalte können aber weiterhin auf Abruf „on demand“, also nicht linear/“live“, zur Verfügung gestellt werden. Bei ihrer Entscheidung stützte sich die ZAK auf den Medienstaatsvertrag, der eine Lizenzpflicht für die Rundfunkangebote vorsieht. Es ging also weder um eine inhaltliche „Zensur“ noch ein Verbot der Angebote von RT DE grundsätzlich. Es sei daran erinnert, dass die Einführung von „BILD Digital Live TV“ zu Rechtsstreitigkeiten zwischen „Bild“ und der MABB geführt hat. Im September 2019 entschied das Verwaltungsgerichts Berlin, dass es sich bei dem Angebot um zulassungspflichtigen Rundfunk handelt. „Bild-TV“ hat daraufhin eine Lizenz beantragt und auch erhalten.

medienpolitik.net: Welche Rolle spielten bei Ihrer Entscheidung die Programminhalte von RT?

Kreißig: Die Programminhalte haben bei dieser Entscheidung keine Rolle gespielt. Es geht um die vorgelagerte Frage, wer die Veranstalterin des Programms ist und ob diese eine Lizenz hat. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat festgestellt, dass die redaktionelle Verantwortung für die Programminhalte von RT DE bei der deutschen RT DE Productions GmbH liegt, die damit auch lizenzpflichtig ist.

Flecken: Insgesamt wurde für das Programm bei der mabb weder eine Rundfunkzulassung beantragt noch erteilt. Für lineare Rundfunkprogramme ist jedoch eine Rundfunkzulassung gesetzlich vorgeschrieben, unabhängig von der Art der technischen Verbreitung. Die Programminhalte von RT DE spielen bei dieser Entscheidung keine Rolle.

medienpolitik.net: Auf welche gesetzliche Basis haben Sie sich gestützt?

Kreißig: Die Medienanstalten entscheiden bei solchen bundesweiten Fällen auf Basis des Medienstaatsvertrags. Konkret hat die ZAK gemäß §§ 109 Abs. 1 iVm. 52 Abs. 1 MStV die Veranstaltung und Verbreitung des Fernsehprogramms „RT DE“ durch die RT DE Productions GmbH beanstandet und untersagt, da keine gültige Lizenz existiert.

„Die Programminhalte haben bei dieser Entscheidung keine Rolle gespielt.“

medienpolitik.net: Warum muss es – noch immer – für Rundfunkangebote eine Lizenz geben?

Kreißig: Aus Sicht der Medienanstalten wären auch andere Lösungen denkbar. So haben die Medienanstalten im Rahmen der letzten Novellierung des Medienstaatsvertrags mehrfach angeregt, die Rundfunkzulassung abzuschaffen und durch eine qualifizierte Anzeigepflicht zu ersetzen. Am Ende muss hier aber der Gesetzgeber entscheiden, der diesem Vorschlag bislang nicht gefolgt ist. Der Wegfall der anfänglichen Zulassungspflicht würde allerdings nicht automatisch den Wegfall aller gesetzlichen Voraussetzungen zur Verbreitung von Rundfunk bedeuten, sondern diese lediglich einer Ex-post-Kontrolle unterstellen.

medienpolitik.net: Mit welchen Fakten haben Sie Ihre Entscheidung begründet?

Flecken: Der mabb liegen Nachweise vor, die die Veranstaltereigenschaft der RT DE Productions GmbH belegen. Wir sind dabei so vorgegangen, dass wir öffentlich zugängliche Quellen herangezogen haben und auch eigene öffentliche Aussagen der Veranstalterin spielen dabei eine Rolle. Diese Sammlung an Nachweisen lag allen Direktorinnen und Direktoren vor, so dass sie sich ein umfangreiches Bild machen konnten und aufgrund dessen der Beschluss gefasst werden konnte.

„Die RT DE Productions GmbH kann vor dem Verwaltungsgericht Berlin den Bescheid der MABB überprüfen lassen.“

medienpolitik.net: Was sind die Konsequenzen aus dieser Entscheidung für die Verbreitung von RT? Ist eine Verbreitung Online weiterhin möglich?

Kreißig: Der Rundfunkbegriff ist nicht an Verbreitungswege gebunden. Die Beanstandung und Untersagung betrifft daher alle Verbreitungswege, insbesondere als Live-Stream auf den Websites https://de.rt.com, https://odysee.com/@RTDE:e/LiveTV:0, über die Mobile und Smart TV App „RT News“ und über Satellit. Die Veranstalterin kann ihre Inhalte aber weiterhin auf Abruf „on demand“, also nicht linear/“live“, zur Verfügung stellen.

medienpolitik.net: Kann RT gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen?

Flecken: Die RT DE Productions GmbH kann vor dem Verwaltungsgericht Berlin den Bescheid der MABB überprüfen lassen. Dies ist im Wege eines Klageverfahrens und auch zusätzlich im Rahmen eines Eilverfahrens möglich. Das Verwaltungsgericht Berlin überprüft die Entscheidung der MABB und bestätigt den Bescheid entweder oder hebt ihn auf. Ein Widerspruchsverfahren gegen Entscheidungen der MABB ist gesetzlich nicht vorgesehen.

medienpolitik.net: Kann RT eine Lizenz beantragen?

Kreißig: RT DE kann grundsätzlich eine Lizenz beantragen. Diese wird erteilt, wenn die geforderten Zulassungsvoraussetzungen des Medienstaatsvertrags erfüllt sind und kein Zulassungsverbot besteht.

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