„Wir sehen die Verlängerung des FFG um ein weiteres Jahr mit großen Sorgen“

Filmbranche erwartet, dass die Vorbereitung der großen Novellierung umgehend in Gang gesetzt wird
24.11.2022. Fragen an SPIO, AG Kino, HdF Kino, Bitkom, VdF, FFF Bayern und BKM
Der deutschen Filmwirtschaft stehen gegenwärtig mehr als 450 Mio. Euro Fördermittel durch die Filmförderungsanstalt (FFA) und Steuermittel des Bundes und der Länder zur Verfügung. Das Fördervolumen ist auch im internationalen Vergleich beachtlich, doch durch den Flickenteppich unterschiedlicher Förderinstrumente und -maßstäbe ist es weniger effektiv als in anderen Ländern. Vor allem die Zersplitterung der Geldmittel, zu geringe Budgets für deutsche Filme, eine unzureichende Orientierung an veränderter Mediennutzung und im Umbruch befindlicher Marktverhältnisse sowie eine mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit werden von Branchenvertretern seit Jahren kritisiert. In Österreich wird ab 1. Januar 2023 ein neues automatisiertes System der Filmförderung eingeführt. Damit wird eine einfachere und transparente Neuordnung des Filmfördersystems umgesetzt. Ein zuschussbasiertes und ungedeckeltes Modell wie das österreichische könnte auch ein Vorbild für Deutschland sein. Medienpolitik.net hat Branchenverbände und Institutionen der Filmwirtschaft gefragt, wie sie die Verschiebung der FFG-Reform um ein Jahr bewerten und welche Erwartungen sie an eine „grundlegende Reform“ haben.
Christian Sommer, Präsident der SPIO – Spitzenorganisation der Filmwirtschaft:
Wir sehen die Verlängerung des FFG um ein weiteres Jahr mit großen Sorgen. Zum einen beunruhigt uns, dass durch die Verlängerung des geltenden FFGs die große Reform gegen Ende der Legislaturperiode dem Wahlkampf zum Opfer fallen könnte. Zum anderen sehen wir, dass sich der Markt rasant ändert und bereits heute deutsche und deutsch-europäische Kinokoproduktionen nur schwer zu finanzieren sind. Wenn wir in unsere statischen Daten schauen, sind die durchschnittlichen Budgets über Jahre rückläufig. Zuletzt betrugen sie im Jahr 2021 nur noch 2,4 Mio. € (Quelle: SPIO-Filmstatistisches Jahrbuch 2022). Gleichzeitig steigen jedoch die Kosten auf allen Ebenen. Nach Gesprächen mit einzelnen Mitgliedern gehen wir – ohne die Einbeziehung der höheren Energiepreise – von Kostensteigerungen in Höhe von ca. 25 Prozent aus. Dieser Entwicklung müssen wir jetzt Einhalt gebieten und nicht erst in drei Jahren. Unsere Erwartung ergibt sich aus der eben formulierten zweiten Sorge, der rückläufigen Produktionsbudgets bei steigenden Kosten. Wir müssen die Schwerpunkte der Förderung ändern und neue Anreize schaffen, um höhere Produktions- und Herausbringungsbudgets für den einzelnen Film generieren zu können und Deutschland als Standort für die Filmproduktion zu stärken. Darüber besteht in der Branche Einigkeit. Nur gibt es unterschiedliche Wege und Auffassungen, wie dieses Ziel zu erreichen ist.
Für die Produzentenverbände ist die Investitionsverpflichtung ein wichtiger Baustein. Andere Teile der Filmwirtschaft bevorzugen steuerliche Anreize oder eine Verbesserung von Förderprogrammen wie GMPF und DFFF mit dem Ziel einer besseren Planbarkeit von Investitionen. Ich befürchte, dass es auch in zwei Jahren mehrere Vorschläge zur Reform der Filmförderung geben wird. Deshalb sollte man jetzt sehen, ob sich die Positionen ergänzen. Wenn dies nicht möglich sein sollte, gilt es dennoch, eine politische Entscheidung zu treffen, bevor Deutschland dem nationalen und internationalen Markt nichts mehr zu bieten hat und Filmproduktionen nach Kanada, UK oder Ungarn abwandern. Wir sind zuversichtlich, dass die Beauftragte für Kultur und Medien hier einen guten Weg einschlagen wird.
Dr. Christian Bräuer, Vorstandsvorsitzender AG Kino – Arbeitsgemeinschaft Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater:
Die Verlängerung der Laufzeit des FFG ist richtig. Unser Markt ist nach Jahren der Teilschließungen und Auflagen weiter im Umbruch. Das Publikum – vor allem das jüngere – kehrt zurück, doch noch immer befinden sich noch immer unter dem Vorkrisenniveau. Mit der Energiekrise und den generellen Preissteigerungen kommen nun weitere Herausforderungen dazu, die unser Geschäftsmodell auf dem Erholungspfad noch stärker unter Druck setzen. Angesichts der großen Unsicherheiten hinsichtlich der kommenden Wintermonate erscheint uns eine Verlängerung des bestehenden Filmförderungsgesetzes sinnvoll.
Eine grundlegende Strukturreform ist überfällig, um die deutsche Filmförderung zukunftsfest zu machen. Eine solche Reform bedarf Gründlichkeit und Mut, Schnellschüsse oder ein Drehen an Stellschrauben bringen uns nicht weiter. Dafür brauchen wir eine Risikoanalyse und einen strategischen Zukunftsplan für das deutsche Kino – verstanden als Kulturgut wie Kulturort. Das ist ohne eine hinreichende Kenntnis über die weitere Entwicklung des Kinomarkts nicht möglich. In der Übergangszeit bietet das bestehende FFG eine hinreichende Flexibilität. Im Vordergrund müssen kurzfristig Unterstützungsmaßnahmen stehen, damit wir den Marktkollaps verhindern. Gerade die unabhängigen Land- und Arthousekinos mit einem intensiven gesellschaftlichen und kulturellen Engagement sind nach Jahren der Pandemie ausgezerrt und durch die massiven Folgen der Preissteigerungen in ihrer Existenz gefährdet.
Oberste Ziele der Reform müssen die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Vielfalt des deutschen Kinofilms und der Erhalt der flächendeckende Erhalt des Kulturorts Kinos in seiner ganzen Breite sein. Dafür bedarf es eines ebenso eines nachhaltigen Bekenntnisses zum Kino wie eines Paradigmenwechsels in der Filmförderung. Anstelle einer Produktionszentrierung brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz von der Idee bis hin zum Publikum. Und anstelle einer Fragmentierung der Förderung ist eine Kinofilmförderung aus einem Guss vonnöten.
Denn der Kulturort Kino ist mehr als nur eine Wiedergabeplattform. Als analoger Raum in der digitalen Gesellschaft erfüllt der Kulturort Kino das Bedürfnis des öffentlichen Geschichtenerzählens. Erst im Kino entfalten die Filme ihre Kontextualität und damit ihren gesellschaftlichen Mehrwert. Mit ihrer Arbeit erzielen die Kinos damit nicht nur einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert, sie begründen den Bedarf öffentlicher Filmförderung. Dies gilt in besonderer Weise für den unabhängigen europäischen Film, für den die Kinos – unverändert – die beste Chance für Sichtbarkeit und Erfolg sind. Entscheidend ist, dass wir Kino als Entität begreifen. Nur so hat es eine Zukunft. Dazu zählen zuvorderst ein hinreichendes Kinofenster sowie eine Medienchronologie, die die Interessen der unabhängigen Marktteilnehmenden wahrt. Auch darüber hinaus gilt: Die Regulierung ist der Schlüssel. Denn nur wenn wir die Unabhängigkeit unserer Filmwirtschaft sichern, bewahren wir die kreative Vielfalt in Europa. Denn der europäische Filmmarkt bleibt mittelständisch geprägt oder er verschwindet. Investitionsverpflichtungen allein reichen nicht, wenn nicht auch damit Auflagen zum Rechterückbehalt der Kreativen und Produktionswirtschaft wie ein Kinoanteil mit Fenstern damit verbunden sind.
Um die Kinoinfrastruktur zu erhalten, muss das Zukunftsprogramm Kino als Teil einer ganzheitlichen Filmförderung beibehalten und gestärkt werden. Nur so werden Filmkunsttheater und Landkinos in die Lage versetzt, die erforderliche Transformation ihrer Geschäftsmodelle zu leisten und die digitale wie ökologische Modernisierung stemmen können. Vor allem müssen wir uns fragen, warum und für wen wir Kinofilme mit staatlichen Mitteln fördern. Neun Aufgaben zählt das aktuelle Filmförderungsgesetz – der Begriff Publikum kommt in keiner davon vor. Die Anzahl der produzierten Filme steigt, während die Produktionskosten inflationsbereinigt stagnieren, die Herausbringungsbudgets schrumpfen und die durchschnittlichen Besuchszahlen fallen. International ist der deutsche Film so nur in Ausnahmefällen wettbewerbsfähig.
Daher müssen wir den Fokus auf Klasse statt Masse legen. Talententwicklung und wettbewerbsfähige Budget sind entscheidend. Nur so hat der deutsche Kinofilm eine Zukunft. Denn mit Mittelware durchmogeln war angesichts der massiven Verschiebungen im Filmmarkt schon vor der Pandemie kein zukunftsfähiges Konzept mehr. Niemandem ist damit geholfen, wenn viele Filme produziert werden, die hinterher in den unendlichen Weiten des Internets verschwinden. Ebenso wie für dessen Herstellung muss für den Weg eines Films zum Publikum ein angemessenes Budget bereitstehen.
Eine Publikumsentwicklungsförderung muss alle Stufen von Stoffentwicklung bis Herausbringung miteinschließen. Qualitative und quantitative Ansätze können dabei kombiniert werden. Lokale Partnerschaften von Kinos mit Schulen, Vereinen, Filmbildungsarbeit oder gezielte digitale Publikumsentwicklung müssen ebenso ein Teil der Förderung werden. Anstatt viel Geld in zentral gesteuertes Reichweitenmarketing zu pumpen, sollten wir die Graswurzelarbeit vor Ort stärken. Sie ist der wirksamste Ansatz, künstlerisch anspruchsvolle Geschichten in einem globalisierten Umfeld bekannt zu machen, und sie stärkt Filmvermittlung in der Fläche, nicht nur in Metropolen. An vielen Stellen wird diese schon hervorragend gemacht. Und gerade Programmkinos beweisen in der Stadt wie im ländlichen Raum mit unzähligen kreativen Formaten, wie sie durch lokale Verwurzelung und Kooperationen ein Zielpublikum erreichen.
Gerade nach den Pandemiejahren ist es umso wichtiger, dass wir diese mit viel Herzblut verbundene Arbeit systematisch fördern. Publikumsentwicklung ist mit großem Kraftaufwand verbunden, der sich nicht immer in kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg messen lässt. Wenn aber jemand neue Publikumsgruppen für das Kino erschließt, profitieren alle davon. Und das dauerhaft. Mit dem Classement Art et Essai haben unsere französischen Nachbarn ein bewährtes Förderprogramm. Als anreizorientiertes Modell belohnt es ebenso einen Programmschwerpunkt beim heimischen und kulturell anspruchsvollen Kinofilm zusetzen, wie die Anstrengung, diese einem breiten Publikum zu vermitteln.
Was wir uns wünschen Ambition, um – wie es Thierry Fremaux nennt und woran wir glauben – die triumphale Rückkehr des Kinos einzuleiten. Der Erhalt, an manchen Orten die (Wieder-)Eröffnung von Kinos, Besucherzahlen auch über dem Vorkrisenniveau, ein deutscher Marktanteil von stetig über 30 Prozent, Erfolge bei den großen Filmfestivals und die breitere Verankerung von Filmkultur in der Gesellschaft sollte unser gemeinsames, ehrgeiziges Ziel sein. Anstatt Forderungskataloge aus den vergangenen Jahrzehnten abzuhandeln, sollten wir uns jetzt Gedanken über das Große und Ganze machen – und gemeinsam neue Leitbilder, Strategien und Strukturen für die Filmförderung entwickeln. So machen wir nicht nur diese fit für eine veränderte Welt, wir bringen auch die Kunstform, die wir alle lieben, weiter voran. Das ist eine einzigartige Chance.
„Eine solche Reform bedarf Gründlichkeit und Mut, Schnellschüsse oder ein Drehen an Stellschrauben bringen uns nicht weiter.“
Christine Berg, Vorstandsvorsitzende HdF Kino:
Wir können die Entscheidung durchaus nachvollziehen, allerdings plädieren wir dafür, dass der Prozess zur Vorbereitung der großen Novellierung umgehend in Gang gesetzt wird und wir das nächste Jahr intensiv dazu nutzen, enger und transparenter zwischen Politik und Branche zusammenarbeiten. Wir befürworten neue Gesprächsformate abseits der traditionellen Runden Tische, in denen – ähnlich wie bei der Branchenvereinbarung – die Beteiligten ihren Blick nicht nur auf die eigenen Interessen richten, sondern sich ihrer Verantwortung als Gesamtbranche stärker bewusst werden. Dieser Prozess bedarf einer intensiven Moderation seitens der Politik, aber wir müssen die Dinge auch stärker selbst in die Hand nehmen und gemeinsam einfordern. Grundsätzlich wünschen wir uns, dass das Thema FFG und alles, was damit zusammenhängt, endlich die politische Aufmerksamkeit und Schlagkraft bekommt, die die deutsche Filmwirtschaft verdient.
Bereits bei unserem Kinopolitischen Abend haben wir erste Positionen zu einem neuen FFG formuliert.
1. Im Hinblick auf zukünftige mögliche Investitionsverpflichtungen erwarten wir selbstverständlich, dass diese insbesondere auch dem deutschen Kinofilm zugutekommen.
2. Wir fordern eine Entbürokratisierung des gesamten Förderprozesses, in dem ein Trend zu stärkerer Automatisierung der Förderung ohne aufwändige Gremienprozesse ermöglicht wird und Investitionen in moderne Spielstätten besser planbar werden.
3. Es muss ein stärkerer Fokus auf das Publikum gelegt und neu definiert werden, was eine erfolgreiche Förderung ausmacht. Die Relation zum Publikum ist aus unserer Sicht nicht nur elementar für die gesellschaftliche Legitimation von Förderung, sondern auch das Rückgrat einer unabhängigen deutschen Filmwirtschaft.
4. Wir sehen einen großen Bedarf, nicht nur den einzelnen Film, sondern auch das Thema Vermarktung in den Fokus künftiger Förderung zu stellen. Der aktuelle Evaluierungsbericht der FFA zeigt eindeutig auf, dass es ohne zusätzliche Aktionen oder Kampagnen schwer sein wird, das Publikum für Kino zu begeistern. Daher benötigen wir sowohl starke Unterstützung für das Image des deutschen Films, zum Beispiel in Form von kontinuierlichen Kampagnen, aber auch andere fördernde und incentivierende Maßnahmen, wie zum Beispiel den soeben angekündigten Kulturpass.
5. Grundsätzlich wünschen wir uns jede Art von Maßnahmen, die die Besucher*innen stärker ans Kino binden. Beispielsweise hatte zuletzt Ruben Östlund, der Regisseur von „Triangle of Sadness“, mit Blick auf die schwedische Filmförderung, vorgeschlagen, die Förderung von Filmen an verpflichtende Publikumsaktivitäten für die Filmemacher*innen zu koppeln, zum Beispiel Kinotouren, bei denen Filmemacher*innen, Kinos und Publikum wieder stärker miteinander in Kontakt treten, nachhaltigere Beziehung zueinander aufbauen und den Gast so für den Erlebnisort Kino zurückgewinnen.
Nick Kriegeskotte, Leiter Infrastruktur & Regulierung, Bitkom – Verband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche:
Aus Sicht des Bitkom ist eine grundlegende Reform des FFG sobald wie möglich notwendig. Aufgrund der eingetretenen zeitlichen Situation erscheint eine Verlängerung das bestehenden FFG allerdings alternativlos. Ein neues FFG muss den internationalen Wettbewerb im Blick haben und den Produktionsstandort Deutschland stärken. Für attraktive und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen braucht es einen Systemwechsel, der mit schlanken und planungssicheren Verfahren kreatives und wirtschaftliches Potenzial freisetzt. Wir setzten dafür auf ein steuerliches Anreizmodell, ähnlich den erfolgreichen Initiativen in Großbritannien und Spanien. Mit diesem Förderinstrument können nicht nur weitere Investitionen nach Deutschland geholt werden, was zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen würde, sondern für alle Marktteilnehmer mit einfacheren Verfahren, besserer Übersichtlichkeit und vor allem jederzeit und planbar Förderverfahren genutzt werden. Mit einer von Deloitte durchgeführten Bitkom-Studie haben wir ein solches Verfahren näher untersucht. Das in der Studie untersuchte Modell besteht im Kern in der Verrechnung einer Steuergutschrift gegen die Steuerlast eines Produktionsunternehmens. Die Verrechnung erfolgt über das Finanzamt mittels der Steuererklärung. Zunächst wird mit einem kulturellen Eignungstest überprüft, ob eine Produktion förderungswürdig ist. Danach erhalten die Produzenten eine Steuererstattung auf ihre Unternehmenssteuern in Höhe der Förderung. Ein steuerliches Fördermodell hat das Ziel und das Potenzial, die Produktionswirtschaft in Deutschland in Gänze zu stärken – von den Auftraggebern über die Produzenten bis zu den Auswertern und Kreativen. Indem es das Produktionsvolumen in Deutschland massiv vergrößert, sorgt es für Aufträge und Erlöse, an denen alle Marktteilnehmer entlang der Verwertungskette partizipieren. Angesichts der anhaltend großen Nachfrage nach audiovisuellen Produktionen und dem großen Investitionsinteresse im Markt kann Deutschland durch einfach umsetzbare investitionsfördernde Rahmenbedingungen seine Attraktivität als Produktionsstandort steigern und dabei sogar noch massive positive gesamtwirtschaftliche Effekte erzielen. Ein umsetzbares Modell liegt auf dem Tisch. Die Politik ist nun am Zug.
Peter Schauerte, Geschäftsführer der Verbände VdF – Verband der Filmverleiher e.V. und BVV – Bundesverband Audiovisuelle Medien e.V.:
Mit der Filmförderungsnovelle sollen die Filmförderinstrumente des Bundes und die Rahmenbedingungen neu geordnet, vereinfacht und transparenter gemacht werden. Die Novelle des FFG sollte dabei im Kontext sämtlicher Fördermaßnahmen und Anreizmodelle gesehen werden. So lautet der Arbeitsauftrag aus dem Koalitionsvertrag. Dies ist aus unserer Sicht der richtige Ansatz, wir sind uns einig, dass es grundlegende Veränderungen braucht.
Insofern (wenngleich die Hoffnung zu Jahresbeginn eine andere war): in Anbetracht der aktuellen Situation ist die Entscheidung um ein Jahr zu verlängern verständlich. Trotzdem ist auch mit dieser Verschiebung die Zeit knapp für umfassende Beratung und Erneuerung. Wir erwarten mit der notwendigen Dringlichkeit einen koordinierten Prozess in enger Abstimmung mit der Filmbranche und den Ländern (auch dies bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben).
Unsere Erwartungen an ein neues FFG bestehen im Wesentlichen:
Vereinfachung und Effizienz:
- Entbürokratisierung, digitale Standardisierung und verbesserte Koordination der betroffenen Stellen, Straffung der Entscheidungsprozesse und Gremien.
Focus: Qualität und Erfolg:
- Weniger Filme besserer ausstatten. Konsequente Förderung von Entwicklung, Produktion und Herausbringung um den Filmen zum Start die für den Erfolg notwendige Sichtbarkeit im Wettbewerbsumfeld zu ermöglichen. Deutsche Kinofilme müssen verwertbarer werden, Publikumserfolg ist wirtschaftlicher Erfolg. Eine kritische Abgrenzung von Kultur- und Wirtschaftsförderung erscheint notwendig.
- Zeitgemäße und flexiblere Sperrfristen um die bestmögliche wirtschaftliche Auswertung des Films über die gesamte Verwertungskette zu ermöglichen.
Die Gesamtheit der Maßnahmen müssen dazu führen, den Deutschen Kinofilm zu stärken und dass die Produktionsbedingungen in Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig werden.
Dorothee Erpenstein, Geschäftsführerin des FFF Bayern – FilmFernsehFonds Bayern GmbH:
Die Verzögerungen im Verfahren wurden deutlich erklärt. Wir respektieren das. Natürlich muss es darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit des Filmproduktionsschaffens zu stärken. Über mögliche Instrumente wie Investitionsverpflichtung und steuerbasierte Förderung sowie die Programme unserer Nachbarländer wird diskutiert, entscheidend wird aber sein, wie die Vorstellungen dazu im Detail aussehen und welche Möglichkeiten der Kombinierung es geben kann. Auch ist klar, dass die Publikumserwartung an Streaming-Angebote mit der entsprechenden Marktentwicklung berücksichtigt werden muss. Eine Flexibilisierung der Auswertungswege drängt sich auf, wobei das Kinofenster seine Berechtigung behalten wird. Besonders wichtig ist, ein klares Signal für die Kinos als Kulturort auszusenden. Es muss Planungssicherheit für alle Beteiligten an der Kinofilmproduktion und -auswertung geben. Dazu gehört auch, den Kreativen in der Kinofilmproduktion attraktive Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Außerdem gehören Vielfaltssicherung, Diversität vor und hinter der Kamera sowie Nachhaltigkeit auf die Agenda.
Pressesprecher der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien:
Die grundlegende Reform der Filmförderung wird nicht verschoben. Im Gegenteil wird der Koalitionsvertrag umfassend umgesetzt. Dazu zählt auch, dass wir in 2022 und 2023 über Neustart-Kultur-Mittel sowie die Aufstockung des German Motion Picture Fund (GMPF) sowohl Belastungen abgefedert als auch mehr Produktionen möglich gemacht haben sowie über das Zukunftsprogramm Kino auch der Kinobranche geholfen haben.
Für eine umfassende Reform ist es aber, und da sind wir mit der Branche einer Meinung, notwendig, die einzelnen Elemente intensiv zu beraten. Denn das FFG beruht auf einem Branchenkonsens. Deswegen wollen wir das FFG um ein Jahr verlängern und die Zeit nutzen, um über einzelne Förderinstrumente hinaus zu denken und die Filmförderstrukturen von Bund und Ländern in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Eine solche Betrachtung umfasst eine differenzierte Gesamtschau sowohl der bestehenden, eng miteinander verzahnten Förderinstrumente als auch der im Koalitionsvertrag als Prüfauftrag angelegten etwaigen neuen Instrumente (Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtung). Die Verlängerung des aktuell geltenden FFG ist also eine Reaktion auf die Erforderlichkeiten eines umfassenden und von vielen als erforderlich gesehenen Reformprozesses. Nur dies bietet die Möglichkeit, die vorgenannten, teils erst anlaufenden Vorhaben bereits in der kommenden grundlegenden Novelle zu berücksichtigen und somit einen Beitrag zu einer kohärenten Gesamtarchitektur der Filmförderung in Deutschland zu leisten. Eine Gefährdung der Fördertätigkeit der FFA wird hierin nicht gesehen. Im Gegenteil streben wir eine Stärkung der FFA als Datencenter der Filmwirtschaft, Förderer und Partner auch bei der kulturellen Filmförderung an und werden zum Gesamtpaket vor der Berlinale im nächsten Jahr Vorschläge machen.