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Ein medienpolitischer Jahresrückblick auf 2022
20.12.2022. Von Helmut Hartung, Chefredakteur medienpolitik.net
Die Sicherung der Medien- und Meinungsfreiheit gehörte zu den prägenden Themen des Medienjahres 2022. Das Jahr begann medienpolitisch mit einer Debatte über den negativen Einfluss demokratiefeindlicher Propaganda und endet mit der Sorge, ob diese wichtigen Stützen der Demokratie durch die Änderung von Besitzverhältnissen und Geschäftsmodellen bei sozialen Netzwerken gefährdet sein könnten. Nach Chaos, Entlassungen und der Abmeldung prominenter Nutzer, hat Elon Musk nun die Nutzer entscheiden lassen, ob er weiter Chef von Twitter bleiben soll. Ob er dem Abwahlvotum folgt, ist fraglich. Und kurz vor Jahresende hat Berlusconis MediaForEurope (MFE) ihre Übernahmeabsichten von ProSiebenSat.1 bekräftigt. Beruhigend ist das alles nicht. Doch die Regulierung der sozialen Netzwerke ist das eine, das noch dazu wegen der damit verbundenen Konsequenzen manchmal fragwürdig ist. Ebenso wichtig ist die Unterstützung der nach journalistischem Standard arbeitenden Medien. Hier haben der Bund und die Länder 2022 nicht viel erreicht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bedarf einer tiefgreifenden Reform, der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften muss endlich alimentiert werden und die lokalen Medien müssen mehr gefördert werden, als es die Landesmedienanstalten mit ihren schmalen Budgets vermögen.
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Trotz guter Auftragslage keine wirtschaftliche Erholung für Film- und Fernsehbranche
15.12.2022. Auch in der Film- und Fernsehbranche sind in diesem Jahr die gestiegenen Kosten das beherrschende Thema. Die aktuelle Herbstumfrage der Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) zur Kostenentwicklung innerhalb der Branche zeigt: Langfristige Trends, wie der Fachkräftemangel und Investitionen in nachhaltiges Produzieren, trafen 2022 mit den Folgen unvorhergesehener Ereignisse zusammen und stellen die Produktionsunternehmen vor noch größere Herausforderungen als diejenigen, die bereits in den Vorjahren unter den Bedingungen der Corona-Pandemie zu bestreiten waren. Die Produktionsunternehmen haben die Pandemie durch hohes Engagement der gesamten Branche überwiegend gut durchschritten, jetzt aber – auch ausgelöst durch externe Faktoren – befindet sich die Branche in einer sehr stürmischen Zeit. Die Kosten für die Programmherstellung sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Die Auftraggeber, insbesondere die TV-Sender, übernehmen diese Kosten jedoch nur zu einem kleinen Teil.
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Der „Nachhaltigkeitspakt Medien Bayern“ stößt bundesweit auf Interesse
14.12.2022. Interview mit Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM)
Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien hat jüngst den Nachhaltigkeitspakt Medien Bayern vorgestellt. BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege ist Initiator und Ideengeber des Pakts. Der Pakt ist bundesweit auf viel Interesse gestoßen. Mit Blick auf die Medienbranche soll Nachhaltigkeit aus Sicht der Initiative weit mehr bedeuten, als sorgfältig mit Energie- oder Papierressourcen umzugehen. In dieser besonderen Branche mit ihrer wichtigen Rolle für die freiheitliche Meinungsbildung geht es um Relevanz, um Qualität, um Compliance, so Schmiege. Es geht damit um publizistische Verantwortung, die nach innen und außen eine wichtige Rolle spielt. Für den Nachhaltigkeitspakt haben sich ganz unterschiedliche Partner zusammengeschlossen. Dazu zählen internationale Inhalte- und Infrastrukturanbieter wie Amazon Prime Video Deutschland, ProSiebenSat.1 und Vodafone Deutschland sowie der regionale Hörfunkanbieter egoFM, der bayerische Journalistenverband, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Bayerische Rundfunk.
Die Flexibilisierung ermöglicht eine Selbstbedienung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zulasten der Beitragszahlenden
12.12.2022. Von Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Universität Leipzig, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Medienrecht
Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das zu finanzieren ist, was beauftragt ist. Das heißt, da der zuvor bestimmte Auftrag im späteren Beitragsfestsetzungsverfahren zugrunde zu legen ist und nicht mehr korrigiert werden darf, ermöglicht das System der Selbstbeauftragung (Flexibilisierung) eine Selbstbedienung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zulasten der Beitragszahlenden. Der Staat darf die Sendeanstalten nicht dazu ermächtigen, über die grundrechtlich geschützten Interessen der Beitragszahlenden (und der privaten Anbieter) zu disponieren.
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Die Beitragszahler wollen die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitgestalten
06.12.2022. Von Dr. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts
Fühlt es sich nur so an oder wurde niemals intensiver über Medienpolitik geredet - insbesondere mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Nun hat die rbb-Krise - zu Recht - einiges ausgelöst. Hier bieten sich auch zahlreiche Anknüpfungspunkte an, eine schon länger brodelnde und heute vollends entfachte Legitimationsdebatte geordnet zu Ende zu führen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird aktuell mal wieder ganz neu gedacht. Einige denken dabei konstruktiv, andere mit destruktiven Intentionen, die oftmals zugleich eine öffentliche Wahrnehmung garantieren. Angesicht der aktuellen Lage wird sich die Grundsatzdebatte diesmal nicht versenden. Das ist auch gut so. Sie könnte den Ausgangspunkt für einen strukturierten und ergebnisorientierten Reformprozess bilden.
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Sicherung der Meinungsvielfalt: Von linearem TV bis zu digitalen Medienplattformen
05.12.2022. Von Prof. Dr. Georgios Gounalakis, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Professur für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung und Medienrecht an der Philipps-Universität Marburg
Das Mediennutzungsverhalten ändert sich. Die Digitalisierung spielt in immer mehr Lebensbereichen eine zunehmend bedeutende Rolle. Dies hat auch deutliche Auswirkungen auf die Mediennutzung, welche sich ebenfalls zunehmend in den Onlinebereich verlagert, vor allem bei den jüngeren Nutzerinnen und Nutzern. Die Veränderungen sind messbar und erheblich: Im Gegensatz zu den Tagesreichweiten von Video-, Audio- und Textangeboten, die sich im Zeitraum 2019 bis 2021 insgesamt nur geringfügig geändert haben, fällt beim „medialen Internet“ eine deutliche Entwicklung nach oben auf. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ab 14 Jahren nutzt inzwischen pro Tag Medieninhalte auch oder ausschließlich über das Internet (2021: 55%; 2019: 44%). Noch stärker ist die Nutzungsdauer von Video-, Audio- und Textangeboten über das Netz angestiegen. Sie liegt in der Bevölkerung ab 14 Jahren mittlerweile bei 136 Minuten täglich, eine Steigerung um mehr als 50 Prozent. In den jüngeren Altersgruppen liegen die Zahlen erwartungsgemäß noch deutlich höher: Bei den 14- bis 29-Jährigen beträgt die Tagesreichweite der Mediennutzung über das Internet 87 Prozent und die Nutzungszeit liegt bei 269 Minuten pro Tag (2019: 201 Minuten).
Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt in Sozialen Medien
01.12.2022. Von Dr. Thorsten Schmiege und Regina Deck
Soziale Medien sind aus der digitalen Welt nicht mehr wegzudenken – als Plattform für private wie berufliche Kommunikation und Unterhaltung ebenso wenig wie als Quelle für Nachrichten und Informationen zum aktuellen Zeitgeschehen. Die zunehmende Bedeutung von Google, Meta & Co. im Informationsrepertoire der Bevölkerung in Deutschland ist zwar kein neues Phänomen, aber immer noch ein vergleichsweise junges. Da Jugendliche und junge Erwachsene traditionell die ersten sind, die neue Medientechnologien und Innovationen nutzen, spielt Social Media für sie und damit auch die Informationsnutzung in Sozialen Medien eine besonders große Rolle. Rund 30 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nennen in der aktuellen Mediengewichtungsstudie Soziale Medien als ihre wichtigste Quelle für Nachrichten und Informationen zum aktuellen Zeitgeschehen. Soziale Medien bieten aber nicht nur einfach einen neuen Touchpoint für Nachrichten und Informationen. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die Prozesse der öffentlichen Kommunikation und Meinungsbildung tiefgreifend verändert haben.
Der „Tagesspiegel“ verkleinert sein Format und reduziert die Medienberichterstattung
28.11.2022. Von Helmut Hartung, Chefredakteur medienpolitik.net
„Entlang meiner fernsehsoziologischen Analyse, wonach Fernsehen Dumme dümmer macht und Schlaue schlauer, plädiere ich für ein gemeinsames Fernsehprogramm von ARD und ZDF, das beide schlauer macht. Ich weiß, worüber ich fantasiere: Ich schaue seit 60 Jahren fern und schreibe seit 35 Jahren übers Fernsehen“, das stellt Joachim Huber, Ressortleiter Medien des „Tagesspiegel“ auf der Medienseite seiner Zeitung am 26.November lakonisch fest. Diese Medienseite wird es ab morgen nicht mehr geben. Die Berliner Tageszeitung „Tagesspiegel“ erscheint dann in einem neuen kompakteren Format mit Tabloid-Größe, einem anderen Layout und überarbeitetem journalistischen Konzept. Das Blatt wird dann aus einem überregionalen und einen regionalen Teil bestehen. „Wir investieren in unseren Journalismus. In Zukunft lesen Sie zwei Zeitungen in einer: Mehr aus der Welt. Mehr aus der Weltstadt. Der neue Tagesspiegel“, lautet die Eigenwerbung des Verlages im Kampf um neue Leser. Das Motto der Zeitung, so steht es über dem Eingang des Medienhauses am Askanischen Platz, war bisher „Rerum cognoscere causas – die Ursachen der Dinge erkennen“. Mit der Verkleinerung des Formats beginnt anscheinend auch - zumindest im Medienbereich – eine Reduzierung der journalistischen Kompetenz. Eine „Investition in den Journalismus“ ist die Einstellung der Medienseite jedenfalls nicht.
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Filmbranche erwartet, dass die Vorbereitung der großen Novellierung umgehend in Gang gesetzt wird
24.11.2022. Fragen an SPIO, AG Kino, HdF Kino, Bitkom, VdF, FFF Bayern und BKM
Der deutschen Filmwirtschaft stehen gegenwärtig mehr als 450 Mio. Euro Fördermittel durch die Filmförderungsanstalt (FFA) und Steuermittel des Bundes und der Länder zur Verfügung. Das Fördervolumen ist auch im internationalen Vergleich beachtlich, doch durch den Flickenteppich unterschiedlicher Förderinstrumente und -maßstäbe ist es weniger effektiv als in anderen Ländern. Vor allem die Zersplitterung der Geldmittel, zu geringe Budgets für deutsche Filme, eine unzureichende Orientierung an veränderter Mediennutzung und im Umbruch befindlicher Marktverhältnisse sowie eine mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit werden von Branchenvertretern seit Jahren kritisiert. In Österreich wird ab 1. Januar 2023 ein neues automatisiertes System der Filmförderung eingeführt. Damit wird eine einfachere und transparente Neuordnung des Filmfördersystems umgesetzt. Ein zuschussbasiertes und ungedeckeltes Modell wie das österreichische könnte auch ein Vorbild für Deutschland sein. Medienpolitik.net hat Branchenverbände und Institutionen der Filmwirtschaft gefragt, wie sie die Verschiebung der FFG-Reform um ein Jahr bewerten und welche Erwartungen sie an eine "grundlegende Reform“ haben.
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