Digitale Medien
Gutachten: Europa- und verfassungsrechtliche Probleme der Umsetzung der DSM-Richtlinie in
deutsches Recht
08.04.2021. Von Prof. Dr. Christoph Möllers, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin
Mit dem „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ das als Artikelgesetz unter anderem ein „Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten“ enthält, unternimmt die Bundesrepublik den Versuch, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 (DSM-RL) in deutsches Recht umzusetzen. Diese Umsetzung begegnet jedoch hinsichtlich verschiedener Elemente sowohl verfassungs- als auch europarechtlicher Bedenken. Diese Bedenken betreffen insbesondere die Figur der mutmaßlich erlaubten Nutzung, den Direktvergütungsanspruch gegenüber Plattformbetreibern sowie die Ausgestaltung von rückwirkenden Auskunftspflichten.
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Für das ZDF ist das Verhältnis zwischen TV und Mediathek keine Einbahnstraße mehr
07.04.2021. Interview mit Dr. Eckart Gaddum, Leiter der Hauptredaktion Neue Medien im ZDF
Das ZDF baut die Personalisierung der ZDFmediathek sowie deren Empfehlungssysteme weiter aus. Damit soll das verfügbare ZDF-Programmvermögen (aktuell mehr als 70.000 Videos) für die unterschiedlichsten Zielgruppen optimal nutzbar gemacht werden. Aktuell sind 2,1 Millionen Nutzerinnen und Nutzer bei der ZDFmediathek registriert. Die personalisierten Bereiche auf der Startseite sind dort bereits heute zeitweise die am besten genutzten. Alle Inhalte sind weiter auch "algorithmenfrei", ohne Tracking und ohne Login, zugänglich. Mit der Integration der Inhalte des jungen Angebots „funk“ sowie der geplanten Aufnahme von ARTE-Inhalten will das ZDF seine Angebotsvielfalt weiter steigern und für Nutzerinnen und Nutzer noch zielgenauer ausspielen. Eine sogenannte Consent Management Plattform, deren Umsetzung schrittweise für 2021 geplant ist, erlaubt es den Usern, ihre Zustimmung zur Verarbeitung ihrer Daten noch präziser zu steuern. Mit 187,02 Millionen Sichtungen erzielte die ZDFmediathek im Januar 2021 einen neuen Rekordwert. Die Februar-Bilanz ergab mit 160,68 Millionen Sichtungen den bislang zweithöchsten Monatswert. Zur Weiterentwicklung der ZDFmediathek Fragen an Dr. Eckart Gaddum, Leiter der Hauptredaktion Neue Medien im ZDF.
Neues Jugendschutzgesetz verpasst Chance für kohärente Regulierung
29.03.2021. Von Tim Steinhauer, VAUNET, Senior Referent für Medienverantwortung und Programm
Im Juni 2016 bestand in der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz Konsens, dass der gesetzliche Jugendmedienschutz mit materiell kohärenten Regelungen an die konvergente Medienrealität angepasst werden müsse. Knapp fünf Jahre später hat nun der Bundestag am 5. März 2021 eine Novellierung des Jugendschutzgesetzes beschlossen. Mit großer Betroffenheit, auch im wahrsten Sinne des Wortes, muss der VAUNET konstatieren, dass im Ergebnis kein kohärentes Jugendmedienschutzsystem geschaffen wurde, bei dem die Regelungen von Bund und Ländern effektiv und ohne Reibungsverluste ineinandergreifen. Im Gegenteil: Mit dem neuen Jugendschutzgesetz entsteht für journalistisch-redaktionelle Onlinemedien eine ineffiziente Doppelregulierung: Das Bundesgesetz sieht nun wie der Jugendmedienschutzstaatsvertrag der Länder inhaltsbezogene Regelungen vor, die der Inhalteregulierung von Onlinemedien dienen sollen.
Neuer NDR-Staatsvertrag räumt Telemedien gleichrangigen Platz neben Fernsehen und Hörfunk ein
18.03.2021. Interview mit Dirk Schrödter (CDU), Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein
Der NDR erhält neben dem RBB und MDR gegenwärtig einen neuen Staatsvertrag durch die ihn tragenden Länder. Beim NDR sind es Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. „Mit der Konkretisierung des spezifischen Auftrags des NDR, verbunden mit der erstmaligen Flexibilisierung im Bereich der digitalen Hörfunkprogramme nehmen die norddeutschen Ländern ihren Spielraum war und zeigen Möglichkeiten für Reformen auf“, beschreibt Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein, sein Anliegen. Unabhängig davon bestehe der Wunsch, dass die Diskussion über Auftrag und Struktur, wie sie von dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten schon vor drei Jahren gefordert wurde, wieder Fahrt aufnehme. Die Novelle des NDR-Staatsvertrages sei da nur ein erster, aber sehr wichtiger Schritt, der zeige, dass eine Flexibilisierung und eine Schwerpunktbildung staatsvertraglich umsetzbar seien.
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Fragen zum Gutachten zur Nutzungserfassung von Video-Streaming-Angeboten
15.03.2021. Interview mit Prof. Dr. Georgios Gounalakis, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Professur für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung und Medienrecht, Philipps-Universität Marburg
Video-Streaming-Angebote prägen zunehmend die Medienlandschaft. In der Form des Live-Streamings handelt es sich um Rundfunk, in der nichtlinearen Form des Video-on-Demand (VoD) besteht eine deutliche Nähe zum linearen Fernsehen. Das lineare Fernsehen steht bislang im Zentrum der medienkonzentrationsrechtlichen Regulierung. Demgegenüber fehlt es im Hinblick auf Video-Streaming-Angebote an einer umfassenden Erhebung und Ausweisung von Nutzungsdaten. Streaming-Anbieter verfügen grundsätzlich über Messdaten, die für eine medienkonzentrationsrechtliche Nutzungserfassung verwendet werden können. Für eine anbieterübergreifende Vergleichbarkeit der Daten bedarf es jedoch einheitlicher Standards bei der Datenerhebung. Zudem ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, durch die der KEK ein Zugang zu diesen Daten eröffnet wird. Dies sind einige Erkenntnisse aus dem Gutachten „Ansätze für eine Nutzungserfassung von Video-Streaming-Angeboten“, das das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS (Berlin) im Auftrag der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) erstellt hat. Die Gutachter empfehlen, eine technische Vollerhebung anzustreben und diese um ein repräsentatives Panel anzureichern. So könnte eine Video-Gesamtnutzung ausgewiesen werden.
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Stefan Raue: Kein Strategiewechsel bei DAB+
11.03.2021. Interview mit Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios und Vorsitzender Digitalradio Deutschland e.V.
Im umsatzstärksten Jahr seit der Einführung von DAB+ wurden in Deutschland 2020 mehr als 1,83 Mio. DAB+ Empfänger abgesetzt. Wie der HEMIX (Home Electronics Market Index) belegt, entspricht dies einem Wachstum von 15,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Umsatz mit DAB+ Radios wuchs mit 13 Prozent zweistellig: von 216 Mio. Euro in 2019 auf die aktuelle Bestmarke in Höhe von 244 Mio. Euro in 2020. Die Nutzung des digital-terrestrischen Radios hat 2020 bei der Tagesreichweite relativ um rund 50 Prozent zugelegt. Das macht DAB+ zum Radioverbreitungsweg mit dem derzeit stärksten Wachstum. In einem Gespräch mit medienpolitik.net bekräftigt Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios, dass die Politik weiterhin eine wichtige Rolle für die Akzeptanz von DAB+ spiele. So definiere das Digitalradio Board der Bundesregierung grundlegende Bedingungen für den beschleunigten Aus- und Aufbau von DAB+ in Deutschland. Auf Irritationen im Zusammenhang mit dem neuen RBB-Staatsvertrag angesprochen, erklärt Raue: „Wir erkennen keine Strategieänderung. Die ARD und das Deutschlandradio halten an DAB+ und der Digitalisierung der Radioprogramme fest.“ Dabei gelte ein hybrider Ansatz: DAB+ als robustes Rückgrat der Programmverbreitung und IP-Radio als Ergänzung.
Ein Debattenbeitrag zum zeitgemäßen Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
08.03.2021. Von Prof. Dr. Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR)
Die Verfechter einer großen Freiheit in der Informationsflut übersehen: Zum Navigieren im großen Meer der Internetinformationen sind Mittel der Orientierung erforderlich. Diese Aufgabe übernehmen in der Google- und Facebook-Welt der neuen globalen Tech Industrie mit ihrer KI-Maschinerie Algorithmen. Sie steuern uns über personalisierte Nutzungsvorschläge. Diese Mechanismen sind auch Teil des Erfolges der global agierenden Streaming Anbieter wie Netflix, Amazon oder Disney, die auch in Europa immer stärkere Marktanteile erobern. Wir wissen zugleich: Ersetzt die algorithmenbasierte Inhaltsauswahl die journalistische Inhaltsauswahl, verstärkt dies die gesellschaftlichen Trends der Polarisierung, Fragmentierung und Radikalisierung.
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