Gesellschaftspolitik
In der Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fordert ein Mitglied des WDR-Verwaltungsrats mehr medienpolitische Verantwortung von den Landesparlamenten
01.02.2023. Von Prof. Dr. Karsten Rudolph, Mitglied des WDR-Verwaltungsrats
Das Erscheinungsbild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist miserabel. Den Anlass hierfür bot das zweifache Führungsversagen der RBB-Intendanz — im ARD-Vorsitz und im eigenen Haus. Die Ursachen für den Ansehensverlust liegen tiefer, und zwar in einer seit längerem schwelenden Sinnkrise. Die Debatte über diese Krise wird seitdem von drei Standpunkten aus geführt. Alle drei führen jedoch in eine Sackgasse. Die erste Betrachtungsweise sucht das Heil der Öffentlich-Rechtlichen in einer Organisationsreform, mit der Doppelstrukturen überwunden und kostenträchtiger Ballast abgeworfen werden sollen. Ihr Irrtum besteht darin zu glauben, nur möglichst rasche und entschieden genug vorgetragene technisch-organisatorischen Maßnahmen würden den Vertrauensverlust aufhalten können.
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Verlage fordern zuverlässige und faire Rahmenbedingungen, die ein ökonomisch erfolgreiches, verlegerisches Handeln möglich machen
25.01.2023. Fragen an Sigrun Albert, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV)
Nachrichtenmedien leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Meinungs- und Pressefreiheit, zur Diskussionskultur und damit zur Stärkung unserer Demokratie, sagt Sigrun Albert, Hauptgeschäftsführerin des BDZV. Zu den medienpolitischen Themen für 2023 zählt sie faire Wettbewerbsbedingungen im Zusammenspiel mit den internationalen Plattformen sowie
fairen Wettbewerbsbedingungen im Zusammenspiel mit den öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere deren digitalen Textangeboten. Die Grundlagen einer wirtschaftlich starken Presse sollten bei allen politischen Entscheidungen (z.B. im Datenschutz oder bei der Regulierung von Werbung) berücksichtigt werden. Das betreffe auch Vorhaben der EU wie den European Media Freedom Act. Die bereits geltenden Gesetze wirkten sich bereits heute „teilweise erheblich“ auf die Mitglieder aus, auch von den geplanten Gesetzen sei das zu erwarten.
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Medienpolitische Probleme der Zeitschriftenmedien in Brüssel und Berlin: Presseförderung, Datenschutz, Medienfreiheitsgesetz und Digitalmonopole
19.01.2023. Von Prof. Dr. Christoph Fiedler, Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik, Medienverband der freien Presse (MVFP), Chairman Legal Affairs EMMA European Magazine Media Association
medienpolitik.net hat mehrere Medienverbände nach den wichtigsten medienpolitischen Themen für dieses Jahr befragt. Zwei Themen dominieren die Agenda: Zum einen die Auswirkungen und Konsequenzen aus der höheren Inflation sowie gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise und zum anderen der immer größere Einfluss der EU auf die nationale Medienpolitik. Beide Problembereiche zwingen die Länder und den Bund zum Handeln, so die Verbände. Für Prof. Dr. Christoph Fiedler, Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik, Medienverband der freien Presse (MVFP), steigt die Bedeutung der Brüsseler Politik im Zuge der fortlaufenden Machtausdehnung der EU. Selbst die Presseförderung habe eine europapolitische Komponente, da sie von der Kommission gebilligt werden muss. Eine diskriminierungsfreie Förderung, insbesondere auch der Zeitschriften, sei dringend notwendig, sagt Fiedler. Während die Zeitschriftenverlage die hohen Kosten des digitalen Wandels trotz schmerzhafter Einbußen noch tragen könnten, seien die in keiner Weise beeinflussbaren Kostensteigerungen insbesondere für Papier, Druck und anderweitig nötige Energie sowie Postzustellung zu viel.
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Das FFG muss auf die Veränderung der Märkte im Sinne des Kinos reagieren
18.01.2023. Von Johannes Klingsporn
Wenn es nicht gelingt, höher budgetierte deutsche Kinofilme kontinuierlich herzustellen und zu verwerten, hat das Kino in der Fläche keine Zukunft. Wir brauchen einen Masterplan, der die besonderen Herausforderungen bei der Finanzierung und Refinanzierung der Herstellung und Vermarktung antizipiert und konkrete Vorschläge unterbreitet und dabei auch nicht davor zurückschreckt, die bestehenden Projekt-Kommissions-Strukturen grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch in den nächsten Jahren wird es keine eindeutige Antwort auf die Frage geben, ob Streaming die Kaskaden Auswertung von Kinofilmen ersetzt oder ob Streaming Pay TV oder Free TV zu Nischenmärkte pulverisiert oder nicht. Die Märkte für Filmnutzungen werden absehbar – im Hinblick auf FFG-Laufzeiten – volatil und unwägbar bleiben. Deshalb muss das FFG jetzt mit anderen Schwerpunkten und ergänzt um weitere Förderinstrumente jenseits des FFG umgesetzt werden.
Medienstaatssekretär Thüringens plädiert für Auftragsreduzierung, um mögliche Beitragserhöhung abzuwenden
17.01.2023. Fragen an Malte Krückels (Die Linke), Medienstaatssekretär in Thüringen
Malte Krückels, Medienstaatssekretär in Thüringen, warnt vor einer möglichen Erhöhung des Rundfunkbeitrages ab 2025: „Falls die Länder sich nicht auf eine spürbare Modifizierung des Auftrags – oder vielmehr der vielen Aufträge – der Rundfunkanstalten einigen können, wird die KEF weitere Erhöhungen des Rundfunkbeitrags empfehlen“, sagt er. Die Länder müssten sich bei der Auftragsdefinition gut überlegen, ob ein modifiziertes „Weiter so“ noch trage oder ob Aufträge gestrichen, zusammengefasst oder Aufwendungen in bestimmten Bereichen gedeckelt werden sollten. Die Länder müssten „einfordern“, dass der mit dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag eingeschränkte Unterhaltungsauftrag von den Anstalten eingehalten werde, damit das Programm der Öffentlich-Rechtlichen nicht „im Seichten“ ertrinke. Um kurzfristig etwas gegen drohende Beitragssteigerungen zu beschließen, sollten die Ausgaben für die Sportrechte gesetzlich um 50 Prozent dessen, was in dieser Beitragsperiode von ARD und ZDF aufgewendet worden sei, gedeckelt werden. Mit den Antworten Malte Krückels beschließt medienpolitik.net die Veröffentlichung der Antworten der für Medienpolitik Verantwortlichen in allen 16 Bundesländern nach den medienpolitischen Schwerpunkten 2023. In der Klausurtagung der Rundfunkkommission am 19. Und 20. Januar werden viele der hier publizierten Überlegungen und Forderungen eine wichtige Rolle spielen.
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Staatskanzleichef von Schleswig-Holstein fordert die Länder zu grundlegenden Strukturveränderungen auf
16.01.2023. Fragen an Dirk Schrödter (CDU), Minister und Chef der Staatskanzlei von Schleswig-Holstein
Dirk Schrödter, Minister und Chef der Staatskanzlei von Schleswig-Holstein, erwartet von den Anstalten Anfang 2023 eine „Meilensteinplanung“, wie sie Programmangebote stärker online ausrichten, die gemeinsame Plattformstrategie entwickeln und umsetzen. Allerdings bleibe es Aufgabe der Länder, die Strukturen so zu verändern, dass Einsparpotentiale generiert werden könnten. Hierbei sprächen die Länder dann aber nicht über „Reförmchen“, sondern über Reformen, sagt Schrödter mit Blick auf die geplante Klausurtagung der Rundfunkkommission. Es gehe um die Fragen der Verfasstheit der ARD, also die grundsätzliche Strukturfrage, wie sich die Anstalten zueinander und unter dem Dach der ARD finden sollten, zum Beispiel durch stärkere Kooperationen und mehr Arbeitsteilung. In der aktuellen Beitragsperiode wurden deutlich höhere Einnahmen erzielt, als von der KEF prognostiziert. Dieses Geld dürften die Anstalten nicht ausgeben, sondern müssten es in einer Sonderrücklage für die nächste Beitragsperiode zurücklegen. „Beitragserhöhungen passen wirklich (definitiv) nicht in die Zeit. Eine Diskussion über Erhöhungen könnte die hohe Akzeptanz nachhaltig gefährden“, betont der Staatskanzleichef.
Sachsen und Sachsen-Anhalt mahnen grundlegende Strukturreformen an
13.01.2023. Fragen an Oliver Schenk (CDU) Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei und Rainer Robra (CDU), Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich als aktiver Teil des Reformprozesses begreifen, erwartet Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei. Er wünsche sich dabei mehr Willen und Mut für Reformschritte, die auch Einschnitte und Beschränkungen bedeuteten, damit aber auch sichtbar Auswirkungen auf Kostenstrukturen und den Finanzbedarf haben. Dazu gehörten Grundsatzfragen zu Struktur und programmlicher Zusammenarbeit bzw. Verzahnung. ARD, ZDF und Deutschlandradio sollten ihre Ressourcen nicht dafür verwenden, sich selbst Konkurrenz zu machen, sondern sich im Wege einer gezielten Aufgabenverteilung fit für den Wettbewerb vor allem mit den globalen Playern im Medienmarkt machen.
Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts mahnt eine grundlegende Reform an. „Die Probleme liegen tiefer und es bedarf mehr als den Dritten Medienänderungsstaatsvertrag und die Regelungen zu Compliance, Transparenz und der Gremienaufsicht, auf die sich Rundfunkkommission vor Kurzem verständigt hat“, sagt der Staatsminister.
Robra sieht bei den dringenden Reformen „vor allem die Anstalten in der Pflicht“. Die Länder hätten in den vergangenen Jahren immer wieder gebetsmühlenartig von den Anstalten weitere Strukturreformen gefordert. Er würde sich von den Sendern ein mutiges Zeichen wünschen, das mit finanzwirksamen Selbstverpflichtungen untermauert würde.
Hessen und Niedersachsen erwarten von den Anstalten konkrete Maßnahmen zur Strukturoptimierung
12.01.2023. Fragen an Axel Wintermeyer (CDU), Chef der Staatskanzlei Hessens und Dr. Mielke (SPD), Chef der Staatskanzlei Niedersachsens
Axel Wintermeyer, Chef der Hessischen Staatskanzlei erwartet in diesem Jahr von den Anstalten „mehr als allgemeine Bekenntnisse zu einer stärkeren Zusammenarbeit, sondern konkrete Maßnahmen zur Strukturoptimierung“. Zudem müssten die Länder Reformphase 2 weiterhin im Blick behalten. Dazu gehörten die Begrenzung des Ausgaberahmens, die periodenübergreifende Rücklagenbildung ebenso wie die Berücksichtigung der besonderen Belange der kleineren und mittleren Anstalten. Wer größtmögliche Beitragsstabilität erreichen wolle, muss dies auch für die kleineren und mittleren Anstalten erträglich machen. Dabei müssten die zwischen den ARD-Anstalten bestehenden Ungleichgewichte abgebaut werden, sagt Wintermeyer.
Die Länder müssten auf Grundlage einer ehrlichen Bestandsaufnahme und einer geeinten Zielsetzung prüfen, mit welcher ressourcenschonenden Struktur der beitragsfinanzierte Rundfunk seine verantwortungsvollen Aufgaben dauerhaft und zuverlässig erfüllen könnte, fordert Dr. Mielke, Staatskanzleichef in Niedersachsen. Dabei müsse selbstverständlich das Preis-Leistungsverhältnis stimmen. Es sollte vor allem um die Konzentration auf besondere Stärken und den Abbau von Mehrfachstrukturen gehen. Der bewährte Grundsatz „Weniger ist oft mehr“ dürfte auch hier Gültigkeit besitzen, so Mielke
NRW erwartet Reformen der Sender für Beitragsstabilität über 2024 hinaus
10.01.2023. Fragen an Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei in NRW und Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien
Nach Auffassung von Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei in NRW, befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht erst seit den Vorfällen beim RBB in der Krise. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der heutigen digitalen Welt neu erfunden würde, sähe er sicher nicht so aus wie aktuell, sagt der NRW-Medienminister. Über die seit 2017 betriebenen Strukturreformen der ARD hinaus seien eine noch stärkere Harmonisierung und Standardisierung der Produktionslandschaft wie auch eine engere Zusammenarbeit im programmlichen Bereich unerlässlich. Die Konkretisierung struktureller Reformen, könnte zur Beitragsstabilität in der nächsten Beitragsperiode beitragen. Liminski unterstützt den Vorschlag des WDR-Intendanten Tom Buhrow zur Berufung eines Expertengremiums. Ein solcher „Reformkonvent“ könnte auf der Grundlage eines klaren Mandats wichtige Impulse für den zukünftigen politischen Entscheidungsprozess setzen. Sachverstand, Unabhängigkeit und eine Expertise, die unterschiedliche Perspektiven vereint, wären geeignet, Akzeptanz zu erzeugen und ausgetretene Denkpfade zu verlassen.
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