Medienordnung
Dramatisch steigenden Papierpreise, explodierende Energiekosten, höhere Postzustellkosten und die digitale Transformation belasten die Verlage
07.04.2022 Interview mit Stephan Scherzer, Hauptgeschäftsführer MVFP Medienverband der freien Presse e.V.
Aus der Interessenvertretung der deutschen Zeitschriftenverlage ist in einem grundlegenden Reformprozess der Medienverband der freien Presse geworden. Der neue Verband übernimmt die Funktion des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in der Vertretung der medienpolitischen Interessen von über 400 Verlagen mit mehr als 7.000 Zeitschriften- und Medienangeboten. Der Medienverband der freien Presse ist ein Bundesverband, in dem die Verlage direkt Mitglied werden – ohne föderale Struktur. Zu den dringenden medienpolitischen Aufgaben zählt Stephan Scherzer, Hauptgeschäftsführer MVFP und zuvor in gleicher Funktion beim VDZ, die akute Papierkrise, die in ihrer Dringlichkeit alles andere überlagere: „Wenn das Erscheinen von Zeitschriften gefährdet ist, weil die Papierhersteller die Produktion einstellen oder zu wenig produzieren etc., müssen wir Sofortmaßnahmen zur Sicherstellung der Papierversorgung einfordern.“ Auch ein diskriminierungsfreier und fairer Zugang zu mächtigen digitalen Plattformen sei für die Zukunft des Digitalgeschäfts unabdingbar. Eine Förderung der Versorgung mit „periodischen Presseerzeugnissen“, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, ist für Scherzer „dringender erforderlich denn je“. Eine Kombination von Faktoren führe zu einer für sehr viele Zeitschriftentitel existenziellen Gefahr.
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Die Länder setzen beim Jugendmedienschutz prioritär auf ein neues technisches Konzept
31.03.2022. Interview mit Oliver Schenk (CDU), Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei
Die Bundesländer wollen den Jugendmedienschutz mit einem neuen Konzept deutlich verbessern. Zum Entwurf des novellierten Jugendmedienschutzstaatsvertrags, der auf der jüngsten Sitzung der Rundfunkkommission beschlossen worden ist, soll nach Ostern eine Online-Anhörung stattfinden. Wie Olaf Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei gegenüber medienpolitik.net erläutert, sollen die Gerätehersteller verpflichtet werden, auf den Smartphones oder Tablets einen Button „Kindermodus“ zu installieren, der einfach ein- oder ausgeschaltet werden kann. Diese Einstellung soll mit den Apps auf dem Gerät interagieren. Die jetzige Regelung von 2016 sei für das digitale Zeitalter nicht mehr ausreichend, so Schenk. Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag richtete sich bisher vor allem an Inhalteanbieter. Deren Jugendschutzmaßnahmen für Rundfunk und Telemedien würden jedoch nur innerhalb des jeweiligen Systems funktionierten. Deshalb würden die Länder jetzt auf eine technische Lösung setzen. Schenk beklagt in dem Interview, die „unzureichende“ Einbindung der Länder bei der jüngsten Novelle des Jugendschutzgesetzes durch den Bund. Dadurch seien wichtige Aspekte nicht geregelt worden, die aber dringend in Angriff genommen werden müssten, wie der technische Jugendmedienschutz.
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Bausteine für eine konvergente Medienregulierung
30.03.2022. Von Dr. Anja Zimmer, Rechtsanwältin, Medien- und Netzexpertin
Innovationen, neue Entwicklungen und Angebote entstehen in immer höherer Geschwindigkeit, die Mediennutzung ändert sich rasant. Medienrecht und Medienregulierung haben es schwer, mit diesem Tempo mitzuhalten. Das gilt nicht nur für den Gesetzgeber, sondern auch für die Regulierung und noch viel mehr für die gerichtliche Überprüfung. Manche Verfahren dauern Jahre und schreiben am Ende zwar Rechtsgeschichte, haben aber kaum noch praktische Relevanz. Die folgenden Bausteine sollen dabei helfen, eine konvergente und zukunftsgerichtete Regulierung zu schaffen. Sie gehen aber in einigen Punkten über reine Regulierungsvorgaben hinaus, denn nur Regelungen, die auch zeitgerecht umgesetzt werden, können letztlich zur Vielfaltssicherung beitragen. Neben dem Was kommt damit auch das Wie zu Wort.
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Länder wollen neues Modell für die Konzentrationskontrolle in diesem Jahr vorstellen
29.03.2022. Von Helmut Hartung, Chefredakteur medienpolitik.net
Die Länder erarbeiten derzeit ein Konzept für ein neues Medienkonzentrationsrecht, das noch in diesem Jahr präsentiert werden soll. Auf die Dringlichkeit der Novellierung hat erneut der Vorsitzende der KEK, Prof. Dr. Georgios Gounalakis im aktuellen Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) verwiesen: „Das neu angedachte Modell sollte nicht nur eine präventive und effektive Konzentrationskontrolle gewährleisten, sondern auch den Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Kern absichern. Gerade dieser Prozess scheint durch Faktoren der digitalen Desinformation heute mehr denn je gefährdet zu sein. Dies bedroht aber die Funktionsfähigkeit des demokratischen Gemeinwesens, welches auf das Prinzip der freien Willensbildung in einer informierten Gesellschaft angewiesen ist.“ Klassische Medienangebote, wie lineares Fernsehen und Tageszeitungen, würden zunehmend an Nutzungszeit und Nutzern verlieren. Video-Streaming-Dienste und weitere Angebote im Onlinebereich profitierten. Das gegenwärtige Medienkonzentrationsrecht habe auf diese Entwicklungen praktisch keine Antworten, so der Jahresbericht. Die KEK ist seit 25 Jahren ein wichtiges Instrument für die Sicherung der Meinungsvielfalt in Deutschland.
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Der MDR hat die Kulturkoordination der ARD übernommen und will den Kulturbegriff in allen Facetten beleuchten
23.03.2022. Interview mit Jana Brandt, Programmdirektorin des MDR und Kulturkoordinatorin der ARD
Ende November 2021 hatten die ARD-Intendantinnen und Intendanten beschlossen, dass die ARD-Kulturkoordination vom Bayerischen Rundfunk zum MDR wechselt. Die MDR-Programmdirektorin Jana Brandt hat damit die Koordination der gemeinschaftlichen Kulturformate für Das Erste sowie für „ttt“, Social Media, die Kuratierung der ARD Mediathek für Kulturangebote sowie für ARD Kultur übernommen. Die neue Gemeinschaftseinrichtung ARD Kultur startet in diesem Jahr in Weimar. Das Online-Portal soll künftig alle kulturellen TV- und Hörfunk-Angebote der ARD-Anstalten vereinen. Gegenüber medienpolitik.net stellt Jana Brand klar, dass es in der ARD keinen Bann über russische Kreative gäbe, kein schwarz-weiß-Denken. „Wir bemühen uns um eine differenzierte, konkrete Sicht, sowohl auf den Künstler als auch auf das kulturelle Ereignis“, so die neue ARD-Kultur-Koordinatorin. Während der Pandemie war Kultur im Programm „viel unmittelbarer, direkter und oft auch live vertreten“. „Kultur“ habe sich bisher vor allem als Berichterstattung über die Kultur verstanden. Während der Corona-Pandemie fielen aber viele Konzerte, Theateraufführungen usw. aus, Galerien und Museen waren geschlossen. Damit wurden die für Kultur zuständigen Redakteurinnen und Redakteure Brückenbauer zu den Künstlern, um deren Ideen und kreative Kompetenz für das Programm weiter zu nutzen.
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KEK veröffentlicht Konzentrationsbericht
16.03.2022. Die KEK hat ihren 7. Medienkonzentrationsbericht vorgestellt. Sie hat bei dieser Gelegenheit eine positive Bilanz ihrer bisherigen 25-jährigen Tätigkeit gezogen. Den neuen Herausforderungen für die Vielfaltssicherung wird die KEK jedoch nur begegnen können, wenn das auf den Fernsehbereich fokussierte Medienkonzentrationsrecht durch ein zukunftsoffenes, deutlich weiter gefasstes Modell abgelöst wird. Mit ihrem siebten Konzentrationsbericht stellt die KEK medienkonzentrationsrechltich relevante Entwicklung im Medienbereich dar. Der Bericht gibt einen detaillierten Überblick über die Marktverhältnisse im privaten Rundfunk sowie den weiteren medienrelevanten verwandten Märkten. Dies umfasst die Bereiche Hörfunk, Print und Online sowie die Inhalteproduktion und den Rechte- und Werbemarkt. Der Bericht enthält zudem Informationen zu Geschäftszahlen, Beteiligungsverhältnissen, Senderbeteiligungen, weiteren Medienaktivitäten und aktuellen Entwicklungen der für den deutschen Medienmarkt besonders relevanten Medienunternehmen. Ferner berichtet die Kommission über die Anwendung der ihrer Prüfpraxis zugrundeliegenden medienrechtlichen Vorschriften.
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Nathanael Liminski fordert die Anstalten zu mehr Eigenverantwortung beim Sparen auf und kritisiert die Idee eines ARD-News-Kanals
15.03.2022. Interview mit Nathanael Liminski, Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen
Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalens und damit für Medienpolitik in einem der bedeutendsten Medienstandorte Deutschlands zuständig, stellt im Zusammenhang mit der Auftragsreform klare Forderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Mit neuen Online-Inhalten muss eine Reduzierung der linearen Angebote verbunden sein, neue Angebote müssten dem Profil, und mit den vorhandenen Ressourcen, auch dem Qualitätsstandard des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen, die Sender müssen ihre Eigenverantwortung durch die Identifizierung von Einsparpotenzialen wahrnehmen. Im Vorfeld der heutigen Sitzung der Rundfunkkommission der Länder appelliert an die Anstalten bei den non-linearen Inhalten zu fokussieren und priorisieren, um neue Online-Angebote entwickeln zu können, ohne bisherige „klassische“ Formate zu vernachlässigen. „Die Flexibilisierung darf nicht dazu führen, online alle Ideen umsetzen zu wollen, die möglich erscheinen“, so Liminski. Kritik übt der NRW-Medienpolitiker auch an der Idee eines ARD-News-Kanals: „Ein Newskanal darf kein Feigenblatt dafür werden, dass sie an irgendeiner Stelle ihrer Informationsverpflichtung nachkommen – obwohl sie damit die Mehrheit der Zuschauer nicht mehr erreichen.“
Novellierung des Auftrags kann existenzbedrohende Auswirkungen für unabhängige Produzenten haben
04.03.2022. Die Rundfunkkommission der Länder hatte Mitte November einen Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgelegt. Auch der Produzentenverband e.V. hat, als die maßgebliche Vertretung der unabhängigen Kino-, Streaming- und Fernsehproduzenten in Deutschland, im Rahmen der Online-Anhörung bis zum 14. Januar 2022 Stellung genommen. Die vorgeschlagene Novellierung ist aus Sicht des Produzentenverbandes jedoch nicht weitreichend genug, um Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachhaltig zu optimieren und kann existenzbedrohende Auswirkungen für unabhängige Produzenten haben. Unabhängige Produzenten möchten auch zukünftig die öffentlich-rechtliche Programmvielfalt mit ihren Produktionen stärken. Jedoch muss dies mit einer angemessenen und realistischen Finanzierung der Produktionen und einer angemessenen, nutzungsbezogenen Vergütung eingeräumter Rechte einhergehen.
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EU verbietet mit sofortiger Wirkung Verbreitung von Sendungen von RT und Sputnik
02.03.2022. Von Helmut Hartung, Chefredakteur medienpolitik.net
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist auch ein Krieg um die Wahrheit. Bilder und Informationen können entscheidend sein, für die Desinformation der Bevölkerung des Angreifers und für die Moral der Angegriffenen. Putin weiß um die Macht von Bildern und Fakten. Deshalb wurden Propagandasender wie Russian Today geschaffen, der inzwischen in vier europäischen Ländern Ableger hat, deshalb wurden in Russland unabhängige Medien verboten, werden kritische Journalisten getötet, deshalb zeigt sich Putin gern in Siegerposen, deshalb wurde gestern der Fernsehturm in Kiew zerstört. Geht man heute auf die Internetseite von RT DE finden sich dort Schlagzeilen wie: „Deutsche Neonazis suchen den Weg zur Ukrainischen Front“, „Festung Russland, Ukraine-Einsatz und Ende einer Ära der globalen Politik“, „US-Oberst: Wir drängen die Ukrainer, sinnlos zu sterben“ oder auch „Lawrow vor UN-Menschenrechtsrat: Der Arroganz des Westens muss ein Ende bereitet werden“. Zwar spricht inzwischen auch RE DE vom „Ukraine-Krieg“, aber diese Berichterstattung dient einzig dazu, den völkerrechtswidrigen Angriff, das Töten im Nachbarland, die Unterwerfung des „Brudervolkes“ zu rechtfertigen. Gegen diese Desinformation und Manipulation in dem von Russland eröffneten Medienkrieg hat der Rat der Europäischen Union heute eine Verordnung veröffentlicht, nach der jede Verbreitung der Sendungen und Inhalte von RT und Sputnik ab sofort untersagt ist.
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