Medienregulierung
Medien- und Kulturpolitiker kritisieren Einsparungen bei Kulturangeboten
17.02.2021. Fragen an Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur in Sachsen-Anhalt und Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburgs
Für viel Kritik hat jüngst das Vorhaben des WDR gesorgt, das Literaturprogramm bei WDR3 zu reduzieren. So hat der Sender in einer internen E-Mail an seine Mitarbeiter die massiven Streichungen verkündet. Schon von März an soll es in der Sendung "Mosaik" im WDR3 keine Buchrezensionen als feste Rubrik mehr geben. Insgesamt stehen vier Literatursendungen und -rubriken vor einer ungewissen Zukunft. Gerade erst hatte der NDR das "Bücherjournal" abgeschafft, der HR sein Kulturprogramm "reformiert" und die ARD-Kulturplattform wird vorerst nicht weiter entwickelt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verstößt mit der Reduzierung des Kulturangebotes gegen seinen Auftrag. So heißt es im Medienstaatsvertrag: „Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge, insbesondere zur Kultur, anzubieten.“ Dazu stellt Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburgs gegenüber medienpolitik.net fest. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss auch künftig seiner gesellschaftlichen, journalistischen und kulturellen Aufgabe gerecht werden. Dazu gehört, dass Kultur in ihrer ganzen Breite auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erlebbar ist.“ Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Kulturminister in Sachsen-Anhalt verweist darauf, dass bei der Argumentation der Anstalten unterschlagen werde, dass die Kulturplattform auf einen Auftrag aus dem schon 2018 beschlossenen 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zurückgehe, der schon vor der Debatte um die Beitragserhöhung bestand.
Zu den Vorschlägen der EU-Kommission für einen Digital Services Act und einen Digital Markets Act
03.02.21. Von Dr. Jörg Ukrow, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR)
Darf Twitter einen Politiker aus seinem Netzwerk dauerhaft aussperren? Welchen Anforderungen müssen AGB von Medienintermediären genügen, die den Prozess der Meinungsbildung steuern können, welcher Kontrolle unterliegen sie? An welchen Kriterien muss ein Medienintermediär wie Google seine Dienstleistungen ausrichten; ist eine Bevorzugung von amtlichen Gesundheitsinformationen bei Suchergebnissen zulässig? Diese Fragen bewegen zu Beginn des neuen Jahres nicht nur Medienregulierer. Antworten erwartet man in Deutschland durch den am 7. November 2020 in Kraft getretenen Medienstaatsvertrag. Aber diese Antworten könnten – ähnlich wie die Bemühungen des Bundeswirtschaftsministeriums, mit einer Novelle des GWB Antworten auf die Herausforderungen der digitalen Plattformökonomie zu finden – rasch durch Entwicklungen auf EU-Ebene in Frage gestellt werden und unter Druck geraten. Denn die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2020 mit Vorschlägen für einen Digital Services Act (DSA) und einen Digital Markets Act (DMA) einen Rechtsetzungsprozess gestartet, in dessen Ergebnis der digitale Raum in der Gesellschaft rechtlich neu vermessen und organisiert würde.
Forderung aus Schleswig-Holstein und Thüringen: Klassische Medien auch 2021 finanziell unterstützen
28.01.2021. Fragen an Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein und Malte Krückels, Thüringer Staatssekretär für Medien und Europa; Bevollmächtigter beim Bund
Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein, verweist in seiner Antwort auf erhebliche wirtschaftliche Einbußen durch die Lockdown-Phasen für den privaten Hörfunk sowie die Presse. Insgesamt wurde deutlich, wie finanziell anfällig die privaten Medien seien und wie wichtig es sei, diese für eine stabile Medienlandschaft und zur Sicherung der Medienvielfalt zu unterstützen. Zudem so Schrödter, brauche es einen Pakt für Medienvielfalt und Medienkompetenz, der sowohl Mediennutzer und Konsumenten als auch Medienanbieter und Produzenten in den Blick nimmt. Mit Blick auf die ausgebliebene Erhöhung des Rundfunkbeitrages erinnert der Medienpolitiker aus Schleswig-Holstein an das Index-Modell: „Wir werden sehr intensiv über die Flexibilisierung des Auftrags, die Indexierung des Beitrags und die Budgetierung der Anstalten sprechen. Die aktuelle Lage gibt uns dafür neuen Schwung.“ „Das Scheitern der Erhöhung des Rundfunkbeitrags an der ‚Haltung‘ in Sachsen-Anhalt dürfte das beherrschende medienpolitische Thema werden“, stellt Malte Krückels, Thüringer Medienstaatssekretär, fest. In Bezug auf „Verschwörungs-Erzählungen und falschen Informationen“ während der Corona-Pandemie lehnt der Thüringer Politiker weitere Regulierungen ab, wie sie oft gefordert werden. „Daraus allein lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Handlungsbedarf für die Medienpolitik der Länder ableiten, zumal noch nicht absehbar ist, ob und wie sich die Mediennutzung nach Corona geändert haben wird.“
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Forderung aus Sachsen und Sachsen-Anhalt: Prozedere der Rundfunkbeitragsfestsetzung soll überdacht werden
26.01.2021. Fragen an Oliver Schenk, Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Sachsens und
Rainer Robra (CDU), Staatsminister und Chef der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt
Die Staatskanzleichefs aus Sachsen und Sachsen-Anhalt mahnen „dringend“ die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Eine zeitgemäße Modernisierung des Auftrages sowie der Erhalt und Ausbau einer vielfältigen, lokal und regional ausdifferenzierten Medienlandschaft sind für die Staatskanzleichefs Oliver Schenk und Rainer Robra die wichtigsten medienpolitischen Aufgaben für 2021. So fordern beide Staatsminister eine Veränderung in der „Struktur der Entscheidungsfindung“ bei der Rundfunkfinanzierung. Dazu gehöre die Frage, so Schenk, „wie sich das Verfahren der Rundfunkbeitragsfestsetzung künftig besser gestalten lässt, so dass sich Krisen wie die jetzige nicht wiederholen.“ Für die Länder gehe es um die „engagierte Fortsetzung der Reform von Auftrag und Struktur der öffentlich-rechtlichen Dies soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk - in noch deutlicher Unterscheidbarkeit von kommerziellen Angeboten - erlauben, seinem spezifischen Auftrag zur öffentlichen Meinungsbildung gerecht zu werden. Auch Rainer Robra hält weitere Reformschritte unter Wahrung der Programmautonomie für notwendig, um die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bevölkerung zu sichern, denn er leiste einen wichtigen Beitrag zum demokratischen Diskurs.
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Staatskanzleichefs fordern effektivere Regeln, um die Übermacht globaler Medienkonzerne zu begrenzen
19.01.2021. Fragen an Axel Wintermeyer, Chef der Staatskanzlei Hessens und Dr. Jörg Mielke, Chef der Staatskanzlei Niedersachsens
Axel Wintermeyer, Chef der Staatskanzlei Hessens, hält die Blockade Sachsen-Anhalts bei der Erhöhung des Rundfunkbeitrages „für unsolidarisch und wenig verantwortlich. Die Länder schulden von Verfassung wegen nicht nur gegenüber dem Bund, sondern auch untereinander kooperatives und gemeinschaftliches Verhalten.“ Durch das Veto gerieten die kleineren Rundfunkanstalten, zu denen auch der Hessische Rundfunk zähle, in Finanzierungsprobleme.
Neben der Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört für Wintermeyer zu den offenen „Hausaufgaben“ die Novellierung des Medienkonzentrationsrechts, um auch in Zukunft noch Gefahren für die Meinungsvielfalt wirksam begegnen zu können.
Die wichtigste medienpolitische Weichenstellung für 2021 hätten Landesregierung und Parlament von Sachsen-Anhalt vorgenommen, so Dr. Jörg Mielke, Staatskanzleichef in Niedersachsen. Vordergründig gehe es um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent. Doch bei näherer Betrachtung betreffe es die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Perspektiven unseres gesamten Mediensystems. Dieses stehe bereits unter starkem wirtschaftlichen Druck. Besonders spürten dies viele Tageszeitungs- und Zeitschriftenverlage sowie private Rundfunkveranstalter. Zudem sollten die Länder konstruktiv das europäische Gesetzgebungsverfahren zum Digital Service Act begleiten. Es sei zwei Jahrzehnte her, dass die EU-Kommission die Spielregeln für Internetunternehmen vorgegeben habe. Seitdem hätten sich die Gewichte deutlich verschoben zugunsten übermächtiger amerikanischer und asiatischer Großkonzerne.
Medienpolitik.net hatte alle Staats- und Senatskanzleien nach den medienpolitischen Schwerpunkten für 2021 befragt.
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2021 wird medienpolitisch stark von europäischen Entwicklungen geprägt
13.01.2021. Fragen an Dr. Olaf Joachim (SPD), Staatsrat für Bundesangelegenheiten und für Medienangelegenheiten Bremens und Dr. Carsten Brosda (SPD), Senator für Kultur und Medien Hamburgs
Für Bremen ist die Sicherung der Meinungsvielfalt eine der medienpolitischen Kernaufgaben für 2021. Die Corona-Pandemie habe zu einer erheblichen Steigerung des Konsums von audiovisuellen Mediengeführt und so bereits bestehenden Monopolisierungstendenzen im Bereich der digitalen Medien verstärkt, betont der Staatsrat für Medienangelegenheiten Bremens, Dr. Olaf Joachim. International agierende Konzerne gingen gestärkt aus der Krise hervor. Vor diesem Hintergrund komme der Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der lokal verankert ist, sowie der regionalen Medien, seien es Zeitungen oder private Rundfunkanbieter, eine zentrale Rolle zu, um die Meinungsvielfalt in Deutschland zu gewährleisten, unterstreicht der Medienpolitiker.
Nach Auffassung von Dr. Carsten Brosda, Kultur- und Mediensenator Hamburgs, müsse man Medienpolitik weiterhin als Gesellschafts- und Demokratiepolitik betrachten: „Es geht um nichts weniger als um die Verfahrensbedingungen des gesellschaftlichen Gesprächs, in dem wir in vielfältigen und offenen Gesellschaften Informationen austauschen und Handlungswege identifizieren.“ Die dazu notwendigen Weichenstellungen reichten von der Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bis zu Regeln für die Plattformökonomie. 2021 werde voraussichtlich maßgeblich von europäischen Entwicklungen geprägt, so Brosda. So stehe für dieses Jahr die Umsetzung der europäischen Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht an. Zudem werfe der „Digital Services Act“ seine Schatten voraus.
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Forderung aus Brandenburg: Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärker auf den Gedanken des Public Value ausrichten
12.01.2021. Fragen an Christian Gaebler (SPD), Staatssekretär, Chef der Senatskanzlei Berlins und Dr. Benjamin Grimm (SPD), Staatssekretär, Medienbeauftragter in der Staatskanzlei Brandenburgs
„Berlin knüpft an sämtliche Rundfunkanstalten die Erwartung, ihre bisherigen Reformbemühungen fortzusetzen und weitere, über reine Rationalisierungsprozesse hinausgehende Einsparungen zu erzielen“, formuliert Christian Gaebler, Chef der Berliner Senatskanzlei eine der medienpolitischen Herausforderungen für 2021. Zu den weiteren Schwerpunkten gehört für Berlin die Fortentwicklung des Jugend(medien)schutzes, die Sicherung einer vielfältigen Kultur- und Medienlandschaft, einschließlich der Filmwirtschaft sowie die Umsetzung der beiden EU-Urheberrechtslinien in deutsches Recht.
Dr. Benjamin Grimm Medienbeauftragten in der Staatskanzlei Brandenburgs, übt Kritik an der „in den letzten zwei Jahren intensiv geführte Debatte um Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. „Dass die Diskussion zuletzt auf die Frage des Systemwechsels von der Bedarfsermittlung durch die KEF hin zu einem Indexmodell reduziert wurde, hat die eigentliche Aufgabe verdeckt. Denn tatsächlich ist die entscheidende Frage, wie man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer Zeit neu aufstellt, in der sich das Mediennutzungsverhalten dramatisch verändert hat, unter anderem mit dem Effekt, dass das lineare Angebot viele Benutzergruppen überhaupt nicht erreicht“, so Grimm. Hinter dem Begriff der Fokussierung stehe die Idee, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (wieder) stärker auf seine Kernaufgabe, auf den Gedanken des Public Value, auszurichten und damit auf seine Unterscheidbarkeit gegenüber rein (Massen-) Markt-getriebenen Angeboten.
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Die Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt gehört zu den medienpolitischen Schwerpunkten für 2021
11.01.2021 Fragen an Theresa Schopper, Staatsministerin für die politische Koordination im Staatsministerium Baden-Württembergs und Dr. Florian Herrmann, Medienminister in Bayern
Medienpolitik.net hat die für Medienpolitik zuständigen Minister, Senatoren und Staatssekretäre aller 16 Staats- und Senatskanzleien nach den medienpolitischen Schwerpunkten für dieses Jahr befragt. In den nächsten Tagen veröffentlichen wir alle Antworten in unserem Blog. Den Anfang machen - alphabetisch geordnet - Baden-Württemberg und Bayern:
1. Wo liegen die medienpolitischen Themen und Schwerpunkte für 2021?
2. Während der Corona-Pandemie hat sich die Mediennutzung teilweise verändert. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Medienpolitik der Länder?
Theresa Schopper, im Staatsministerium Baden-Württembergs für Medienpolitik verantwortlich, ist es besonders wichtig, „dass wir mit der politischen Aufgabe der Länder, weitere Reformen zu Auftrag und Struktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu erarbeiten und zu beschließen, vorankommen. Das dürfte bei der notwenigen Verständigung unter allen 16 Ländern nicht ganz einfach werden, das darf uns aber keinesfalls daran hindern, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsfähig fortzuentwickeln.“
Für Bayern steht das Jahr 2021 medienpolitisch unter der Überschrift: Medien- und Meinungsvielfalt sichern. Vor diesem Hintergrund werde sich die Medienpolitik weiterhin mit einer angemessenen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschäftigen. Auch „Ein zukunftsfester, auf die Kernaufgaben fokussierter öffentlich-rechtlicher Rundfunkauftrag sollte deshalb im Mittelpunkt der Arbeiten der Rundfunkkommission in 2021 stehen“, so Dr. Florian Herrmann, Medienminister in Bayern.