Im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Kultur (BAK) führte Goldmedia eine umfassende Evaluation der aktuellen Strukturen der Schweizer Filmförderung durch und entwickelte Perspektiven für deren zukünftige Ausrichtung. Die Studie beleuchtet dabei die Rolle und Funktionsweise verschiedener Förderinstrumente, die die Filmproduktion und -verbreitung in der Schweiz unterstützen und die audiovisuelle Kultur des Landes stärken. Ergänzt wurde die Analyse durch einen internationalen Vergleich der Fördersysteme in Belgien, Dänemark, Deutschland und Österreich, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im europäischen Kontext zu bewerten.
Fazit und Ausblick
Die vorliegende Studie hat nach eingehender Analyse der Schweizer Filmförderung wichtige Erkenntnisse gewonnen, die als Grundlage für zukünftige Handlungsmaßnahmen dienen können. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Notwendigkeit einer besseren Konzentration der Fördermittel, die Erhöhung der Sichtbarkeit von Schweizer Filmen, der Ausbau von Anreizförderungen sowie die Optimierung und die Koordination der bestehenden Förderstrukturen. Darüber hinaus wurden spezifische Maßnahmen zur Berücksichtigung neuer Medien und zur Förderung nachhaltiger Produktionspraktiken identifiziert.
Eine zentrale Handlungsempfehlung besteht in der Einführung von Mindestschwellen für Herstellungskosten. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Fördermittel auf weniger, aber qualitativ hochwertigere Produktionen zu konzentrieren, um so Qualität und Sichtbarkeit der Filme zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sollte die Einführung dezidierter Fördertöpfe in Erwägung gezogen werden, etwa für Nachwuchsfilme, damit diese nicht mit Produktionen etablierter Unternehmen konkurrieren müssen. Zur Steigerung der Sichtbarkeit von Schweizer Filmen sollten die Auswertung und Vermarktung im Förderprozess stärker gewichtet und die Bereiche Entwicklung, Herstellung und Auswertung gleichwertig bei der Begutachtung berücksichtigt werden.
Der Ausbau der Standortförderung wird ebenfalls als notwendig erachtet, um die Schweiz als attraktiven Produktionsstandort zu positionieren. Dies könnte durch eine Erhöhung der Fördermittel und eine Ausweitung der Förderbedingungen erreicht werden. Parallel dazu sollte eine stärkere Automatisierung und Harmonisierung der Förderinstrumente angestrebt werden, um die Planbarkeit und Effizienz der Fördermaßnahmen zu erhöhen. Die Einführung einer zentralen Fördermittelkoordination für größere Produktionen könnte hier den bürokratischen Aufwand reduzieren und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Förderinstitutionen vereinfachen.
Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass neue Medienformate sowie nachhaltige Produktionspraktiken stärker in die Filmförderung integriert werden sollten. Die Einführung gezielter Förderungen für diese Bereiche kann dazu beitragen, die Innovationskraft der Schweizer Filmindustrie zu stärken und sie zukunftsfähig zu machen sowie den ökologischen Fußabdruck der Branche zu verringern.
Die Schaffung eines Filminstituts und einer Allianz der Filmförderer sind zentrale Aspekte, um mehr Flexibilität und Agilität der Filmförderung zu erreichen und schneller auf Marktveränderungen reagieren zu können. Ein Filminstitut könnte zudem als zentraler Akteur im Markt agieren und eine ganzheitliche Filmförderstrategie verfolgen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird umfassende Detailanalysen u. a. zur Klärung formaler und zur Untersuchung der bestehenden internen Strukturen und Prozesse sowie eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure erfordern. Eine kontinuierliche Evaluation der Ergebnisse wird entscheidend sein, um die Effizienz und Wirksamkeit der Fördermaßnahmen sicherzustellen. Die strategische Neuausrichtung der Filmförderung bietet die Chance, die Position der Schweiz als bedeutenden Produktionsstandort zu festigen und die kulturelle Vielfalt des Landes im internationalen Kontext zu fördern. Durch eine gezielte Anpassung der Förderstrukturen und -prozesse kann die Schweizer Filmindustrie ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken und sich erfolgreich den Herausforderungen der Zukunft stellen.
Folgende Kernergebnisse lassen sich aus der Auslandsanalyse zusammenfassend festhalten:
- Die Schweizer Förderstrukturen sind ähnlich ausdifferenziert wie in den Vergleichsterritorien. Es gibt neben der Produktionsförderung auch eine Unterstützung der Drehbuchentwicklung, des Verleihs, des Weltvertriebs und der Kinobetriebe. Es gibt sowohl selektive als auch automatische Förderung und letztere wiederum sowohl auf Basis der Erfolge eines Referenzfilms als auch auf Basis eines Ländereffekts.
- Ungewöhnlich ist die Abwicklung durch ein staatliches Ministerium, obwohl auch dies in anderen Staaten gelegentlich vorkommt, beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland in Form der Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Dies betrifft aber nur die Organisation der Förderung, nicht die Entscheidung, die auch in diesen Fällen in der Sache von Auswahlgremien getroffen wird.
- Die Förderung der Produktion von Kinofilmen liegt pro Einwohner im Mittelfeld des Samples. Diese Förderung verteilt sich jedoch auf deutlich mehr Filmprojekte als bei den Vergleichsstaaten. Dementsprechend liegen die durchschnittlichen Förderbudgets der Schweiz pro Film deutlich unterhalb jenen der Vergleichsländer. Dies gilt auch für Dokumentarfilme, bei denen die durchschnittliche Fördersumme nur in Österreich niedriger ist. Das bedeutet: Viele Filme werden mit geringeren Fördersummen bedacht.
- Sowohl im Vergleich zu den anderen Territorien im Benchmarking als auch im gesamteuropäischen Vergleich mit allen EU-Mitgliedsstaaten ist der nationale Marktanteil der Schweizer Kinofilme gering.
- Dies liegt nicht am zahlenmäßigen Angebot an Kinofilmen aus der Schweiz. Mit 97 Kino-Erstaufführungen im Jahr 2022 lässt die Schweiz Belgien (49), Österreich (26) oder Dänemark (32) deutlich hinter sich. Der Anteil an dokumentarischen Formaten ist besonders hoch und erreicht in absoluten Zahlen (66) fast das deutsche Niveau (80).
- Angesichts der hohen Zahl an Kino-Erstaufführungen Schweizer Filme und dem geringen Marktanteil sind auch die Kino-Eintritte pro nationalem Film entsprechend geringer als in den Vergleichsstaaten mit Ausnahme von Österreich. Das Gros der geförderten Schweizer Filme weist Kinoeintrittszahlen unterhalb von 10.000 Eintritten auf.
- Während Deutschland, Belgien und Dänemark 2022 ein verkauftes Kinoticket eines nationalen Films mit Subventionen zwischen 9 EUR und 14 EUR förderten, lag die entsprechende Unterstützung in der Schweiz und Österreich mit 47 EUR bzw. 44 EUR pro Kinokarte vier Mal so hoch.
- Mit Ausnahme der Filmstandortförderung Schweiz (FiSS) gibt es in der Schweiz keine automatische Anreizförderung. Das niedrige finanzielle Fördervolumen der FiSS, die Höchstgrenzen pro Projekt und die Beschränkung auf Koproduktionen mit Schweizer Filmproduktionsfirmen bieten im Vergleich zu Anreizförderungen in Bel]gien, Österreich oder Deutschland objektiv weniger ökonomische Anreize, große internationale Produktionen in die Schweiz zu locken. Der Anreizeffekt ist im Vergleich zu anderen Anreizförderungen wie der neuen FISA+ in Österreich oder dem belgischen Tax Shelter, die dreistellige Millionensummen beinhalten, gering.
- Die Förderung von TV- und VoD-Produktionen, die auf TV-Sendern und Streamingdiensten erstausgewertet werden, ist geringer als in den Vergleichsstaaten. Die ausgewiesenen Zahlen für Belgien und Österreich, die über jenen der Schweiz liegen, zeigen im Übrigen nicht das ganze Bild, weil die belgische steuerbasierte Anreizförderung und die österreichische Förderung FISA+ (ab 2023), von denen auch viele nationale TV- und Streaming-Produktionen profitieren, nicht berücksichtigt sind.
https://www.goldmedia.com/goldmedia-veroeffentlicht-studie-zur-schweizer-filmfoerderung/