Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Social-Media-Nutzung in Deutschland wieder zurückgegangen. Aktuell sind 80 Prozent der deutschen Internetnutzer ab 16 Jahren in sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube, WhatsApp, Blogs oder Foren unterwegs. Im Vorjahr waren es noch vier Prozentpunkte mehr. Zuvor war der Anteil der User seit 2021 kontinuierlich gestiegen. Den bisherigen Höhepunkt erreichte die Nutzungskurve im Jahr 2017 mit 90 Prozent. Das sind Ergebnisse der repräsentativen Studie "Social-Media-Atlas 2024" im Auftrag von PER Agency und Toluna in Kooperation mit dem Institut für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF).
Nicht nur die Zahl der User ist rückläufig, sondern auch ihre Aktivität. Aktuell verbringen Social-Media-Nutzer privat durchschnittlich 18,7 Stunden pro Woche auf Instagram, TikTok und Co. Das sind 2,1 Stunden weniger als im Vorjahr. Besonders stark fiel der Rückgang bei den 40- bis 49-Jährigen aus. Bei ihnen sank die durchschnittliche Nutzung um 6,4 Stunden auf 16,3 Stunden pro Woche.
Die berufliche Nutzung ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch stärker zurückgegangen. Im Durchschnitt werden soziale Medien 9,3 Stunden pro Woche für die Arbeit verwendet, das sind 4,4 Stunden weniger als 2023. Auch hier sticht die Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen hervor: Bei ihnen ist die durchschnittliche Aktivität um 12,7 Stunden auf 7,6 Stunden pro Woche gesunken.
"Wir erleben derzeit eine Trendwende in den sozialen Medien: Die Nutzer verbringen weniger Zeit auf den einschlägigen Plattformen, einige haben sie sogar ganz verlassen", sagt Roland Heintze, geschäftsführender Gesellschafter der PER Agency. "Ein Grund dafür ist der massive Anstieg von Hassrede und Antisemitismus in den sozialen Medien nach dem Terroranschlag der Hamas in Israel im Oktober 2023. Aber auch die schiere Flut an irrelevantem Content. Wenn der aktuelle Bedeutungsverlust von Social Media sich verstetigt, sollten Unternehmen bei ihrer Kommunikation verstärkt auf den richtigen Medienmix achten. Das Motto 'viel digital bringt viel' stimmt nicht mehr."
Politische Interpretation der Daten
Wähler der AFD weisen mit 86 Prozent die höchste Nutzung sozialer Medien auf. Wähler der SPD, CDU/CSU sowie von Bündnis 90 / Die Grünen nutzen soziale Medien etwas seltener. Für Wähler von SPÜD, und CDU/CSU sind TV, aber auch berufliche Netzwerke vergleichsweise vertrauenswürdig. Wähler der AFD vertrauen vor allem Informationen aus Foren, WhatsApp, Telegram und Blogs. Da im Kontext der AFD ein großes Vertrauen in soziale Medieninhalten liegt, haben Beiträge auf der jeweiligen Plattform eine erhöhte Chance das Meinungsbild der Nutzer zu beeinflussen. Bei Wählern der Mitte (CDU/CSU, SPD, Die Grünen, FDP) und Links (Die Linke, Bündnis Sahra Wagenknecht) ist das Vertrauen in soziale Medien kleiner und hat damit eine geringere Chance, das Meinungsbild zu beeinflusse.,
Soziale Medien machen Mehrheit der Nutzer glücklich
Knapp die Hälfte der Befragten nutzt Social Media ausschließlich privat. Fast jeder Dritte ist sowohl aus beruflichem als auch privatem Antrieb dabei. Hauptgrund für die Nutzung: 70 Prozent der User sind der Meinung, dass ihnen Social Media bei der Freizeitgestaltung hilft. Weitere 60 Prozent sagen sogar, dass soziale Medien sie glücklich machen. Je jünger die User, desto eher trifft dies zu. 80 Prozent der 16- bis 19-Jährigen empfinden Glück beim Scrollen durch TikTok & Co., aber nur 45 Prozent der Generation 60+. Gleichzeitig ist das Vertrauen in Social-Media-Inhalte gesunken. Nur 35 Prozent der Nutzer halten Posts für glaubwürdiger als redaktionelle Nachrichten. Das sind vier Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Besonders deutlich ist der Rückgang mit zehn Prozentpunkten bei den 40- bis 49-Jährigen.
Unter den Erwerbstätigen nutzt jeder Zweite Social Media zu beruflichen Zwecken, 17 Prozent davon sogar häufig. Eine wichtige Motivation dabei: 71 Prozent der beruflichen Nutzer sind der Meinung, dass soziale Netzwerke ihre Arbeit erleichtern. Der häufigste Zweck ist mit 40 Prozent der Austausch von relevanten Informationen. Auch das Knüpfen und Pflegen von beruflichen Kontakten ist weit verbreitet (33 Prozent), vor allem bei den Älteren. 68 Prozent der Generation 60+ nutzen Social Media zu diesem Zweck, aber nur 18 Prozent der unter 30-Jährigen.
Über den Social-Media-Atlas
Der Social-Media-Atlas erfasst seit 2011 jährlich auf Basis einer repräsentativen Umfrage die Nutzung Sozialer Medien in Deutschland und dient Unternehmen als unverzichtbare Grundlage zur strategischen Planung ihrer Social-Media-Aktivitäten. Die Studie liefert unter anderem belastbare Fakten darüber, welche Dienste im Web 2.0 von wem wie intensiv genutzt werden, welche Themen auf welchen Kanälen diskutiert werden und inwieweit Soziale Medien Kaufentscheidungen beeinflussen. Der Social-Media-Atlas wird von der Beratungsgesellschaft PER Agency und dem Marktforscher Toluna in Kooperation mit dem IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung herausgegeben. Für den Social-Media-Atlas 2024 wurden 3.500 deutsche Internetnutzer ab 16 Jahren online befragt. Die repräsentative Umfrage erfolgte von Januar bis Februar 2024. Ergebnisse sind auf ganze Zahlen gerundet.