Antworten von Dr. Benjamin Grimm (SPD), Medienstaatssekretär in Brandenburg, Dr. Olaf Joachim, Staatsrat für Medienangelegenheiten Bremens (SPD), Patrick Dahlemann (SPD), Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern
An die Vorgänge bei RBB erinnernd, betont Benjamin Grimm, Medienstaatssekretär in Brandenburg, dass die Misswirtschaft an der früheren Spitze des rbb haben viel Vertrauen zerstört habe. Er sei sich sicher, „dass es in der Bevölkerung kein Verständnis dafür gibt, wenn nach anderthalb Jahren rbb-Krise nun der Beitrag erhöht werden soll. Und dabei geht es nicht um 58 Cent, es geht ums Grundsätzliche.“ Die Versorgung mit unabhängigem und qualitativ hochwertigem Lokaljournalismus ist darüber hinaus für Brandenburg ein besonderes Anliegen. Die digitale Transformation führe zu fundamentalen Veränderungen in den Medien. Künstliche Intelligenz, Big Data, der verstärkte Einsatz von Algorithmen, neuronale Netze seien nur einige Stichworte. Mit der digitalen Transformation gingen große Herausforderungen für die duale Medienordnung, aber auch die freie Presse, einher, sagt Olaf Joachim, Staatsrat für Medien in Bremen.
Dr. Benjamin Grimm, Medienstaatssekretär in Brandenburg:
medienpolitik.net: Wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2024?
Grimm: Großen Raum wird die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einnehmen. Die Rundfunkkommission der Länder kommt im Januar 2024 zu einer zweitägigen Klausursitzung zusammen. Hier werden wir dann voraussichtlich auch über die Vorschläge des Zukunftsrates diskutieren und diese mit unseren Überlegungen zusammenführen können.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll auch weiterhin einen maßgeblichen Beitrag für unsere freie und offene Demokratie erfüllen. Wir haben im Laufe der Geschichte gesehen und sehen leider in einigen Ländern in Echtzeit, dass Meinungsvielfalt, Toleranz und Freiheit schweren Schaden nehmen, wenn die Arbeitsfähigkeit und Freiheit der Medien eingeschränkt werden. Gleichzeitig kann der Rundfunk nur stark sein und gut funktionieren, wenn er die Akzeptanz der Gesellschaft hinter sich weiß. Die Vorgänge an der früheren Spitze des rbb haben viel Vertrauen zerstört. Vertrauen zurückzugewinnen muss Antrieb aller Reformbestrebungen sein – bei den Rundfunkanstalten und bei den Ländern. Dabei spielt auch die weitere Entwicklung des Rundfunkbeitrags eine Rolle. Ich bin mir sicher, dass es in der Bevölkerung kein Verständnis dafür gibt, wenn nach anderthalb Jahren rbb-Krise nun der Beitrag erhöht werden soll. Und dabei geht es nicht um 58 Cent, es geht ums Grundsätzliche.
Neben dem berechtigten Fokus auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen weitere wichtige Themen auf der Agenda der Rundfunkkommission. Dazu gehört die Novelle des Jugendmedienschutzes ebenso wie die weitere Begleitung der medienpolitischen Aktivitäten der Europäischen Kommission. Ihr Bemühen darum, Defizite in anderen EU-Ländern zu beheben, ist nachvollziehbar. Der Bundesrat hat - zuletzt mit Blick auf die laufenden Trilogverhandlungen zum European Media Freedom Act - wiederholt bekräftigt, dass dabei die Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit einer staatsfernen Medienaufsicht erhalten bleiben muss. Diese zu gewährleisten liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
Was wir auf keinen Fall aus den Augen verlieren dürfen, sind die Nöte der privaten Medien. Die Versorgung mit unabhängigem und qualitativ hochwertigem Lokaljournalismus ist uns ein besonderes Anliegen. Die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg hat 2023 in allen Landkreisen und in drei kreisfreien Städten Brandenburgs lokaljournalistische Angebote gefördert. Auch 2024 wird das Land Mittel für mehr Lokaljournalismus in Brandenburg zur Verfügung stellen. Davon profitieren auch die Printmedien. Doch der Druck auf die Verlage und Druckhäuser wächst stetig. Es müssen schnellstmöglich weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen weiterhin gewährleisten zu können. Denkbar ist eine Presseförderung, die über die Unterstützung der Zustellung hinaus einen plattformneutralen Ansatz in den Blick nimmt. Trotz einschlägiger Gutachten ist der Bund die von ihm in Aussicht gestellte Förderung schuldig geblieben. Das wird die Länder somit auch 2024 beschäftigen. Gleiches gilt für den Konflikt zwischen dem BDZV und den Rundfunkanstalten in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Online-Inhalte.
„Es geht nicht um 58 Cent, es geht ums Grundsätzliche.“ Benjamin Grimm
medienpolitik.net: Die Länder arbeiten intensiv an einem weiteren Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Welche Reformen müssten sich Ihrer Meinung nach unbedingt in einem solchen Medienänderungsstaatsvertrag wiederfinden?
Grimm: Berlin und Brandenburg blicken auf ein sehr reformintensives Jahr zurück. Die Landesparlamente haben am 14. Dezember dem neuen rbb-Staatsvertrag zugestimmt. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Neuaufstellung des rbb werde ich in die länderübergreifenden Verhandlungen mitnehmen. Die Länder-gemeinschaft muss alles in ihrer Hand Liegende unternehmen, um Vorfälle wie beim rbb durch effektivere Kontrollmechanismen und mehr Transparenz im gesamtem öffentlich-rechtlichen System auszuschließen. Mit dem rbb-Staatsvertrag haben wir an allen möglichen Stellschrauben gedreht: Das Ehrenamt beim Verwaltungsrat wird ein vergütetes Nebenamt. Für die Intendantin bzw. den Intendanten, die Direktorinnen und Direktoren sowie die Gremienmitglieder werden Sorgfaltspflichten und Haftungsrege-lungen festgeschrieben. Das Gehalt der Intendantin bzw. des Intendanten wird gedeckelt. Für Entscheidungen von erheblicher Bedeutung muss sich die Intendantin bzw. der Intendant künftig im Direktorium eine Mehrheit suchen. Einiges davon ist Neuland im bundesweiten Vergleich, alle Neuregelungen sind zentrale Konsequenzen aus den Vorfällen beim rbb. Aber auch die Krise mal weggedacht, bildet der novellierte rbb-Staatsvertrag meiner Auffassung nach die Anforderungen an einen gemeinwohlorientierten, von der Gesellschaft finanzierten Rundfunk sehr gut ab. Jedenfalls die Frage der Deckelung von Gehältern und die Einführung kollegialer Leitungsstrukturen werden wir auch in der Rundfunkkommission diskutieren müssen.
Dr. Olaf Joachim, Staatsrat für Bundesangelegenheiten, Medienangelegenheiten und Internationales Bremens:
medienpolitik.net: Wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2024?
Joachim: Die digitale Transformation führt zur fundamentalen Veränderungen in den Medien. Künstliche Intelligenz, Big Data, der verstärkte Einsatz von Algorithmen, neuronale Netze sind nur einige Stichworte. Mit der digitalen Transformation gehen große Herausforderungen für die duale Medienordnung, aber auch die freie Presse, einher. Zentrales Anliegen der Bremer Medienpolitik ist es, den digitalen Wandel in 2024 gerade im Bereich der öffentlich-rechtlichen Medien – aber nicht nur bei diesen – konstruktiv zu begleiten. Denn die Gewährleistung einer vielfältigen Berichterstattung, die die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit erreicht und zentraler Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, dürfen der digitalen Transformation nicht zum Opfer fallen. Dies beinhaltet angesichts des hohen Konformitätsdrucks vor allem auch, dass die regionale Vielfalt in Deutschland umfasst geschützt bleibt.
„Dass die Länder die KEF-Empfehlung anhand der rechtlich zulässigen Kriterien diskutieren und bewerten, ist eine Selbstverständlichkeit für Bremen.“ Olaf Joachim
medienpolitik.net: Die Länder arbeiten intensiv an einem weiteren Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Welche Reformen müssten sich Ihrer Meinung nach unbedingt in einem solchen Medienänderungsstaatsvertrag wiederfinden?
Joachim: Die Länder haben einen weiten medienpolitischen Spielraum. Dieser muss ausgeschöpft werden, um dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Entwicklungsperspektive angesichts der Herausforderungen durch die digitale Transformation zu eröffnen. Zentral ist dabei für Bremen, dass die Ausgestaltung der Reformstaatsverträge sich vor allem an diesen Herausforderungen orientiert. Selbstverständlich ist zu berücksichtigen, welche Ressourcen dabei benötigt werden und wie Ressourcen effizienter genutzt werden können. Getrennt von dem Reformstaatsverträgen ist aber der Umgang mit der KEF-Empfehlung zu bewerten. Dem KEF-Verfahren kommt bei der Sicherung eines unabhängigen öffentlich, rechtlichen Rundfunks ein hoher Stellenwert zu. Um dies auch in der Zukunft zu sichern, müssen medienpolitische Diskussionen im Zusammenhang mit der Auftragsdefinition geführt und dürfen nicht mit der Frage über einer Beitragsempfehlung vermengt werden. Dass die Länder die KEF-Empfehlung anhand der rechtlich zulässigen Kriterien diskutieren und bewerten, ist eine Selbstverständlichkeit für Bremen.
Patrick Dahlemann, Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern:
medienpolitik.net: Wo liegen für Ihre Landesregierung die medienpolitischen Schwerpunkte für 2024?
Dahlemann: Das wird der Umgang mit den Empfehlungen der KEF sein. Im Land planen wir eine Überarbeitung des Landesrundfunkgesetzes mit dem Ziel der Stärkung des Regionalfernsehens.
"Es müssen zusätzliche Einsparpotenziale erschlossen werden, um die Beitragsstabilität zu wahren." Patrick Dahlemann
medienpolitik.net: Die Länder arbeiten intensiv an einem weiteren Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Welche Reformen müssten sich Ihrer Meinung nach unbedingt in einem solchen Medienänderungsstaatsvertrag wiederfinden?
Dahlemann: Wir brauchen eine stärkere Zusammenarbeit der Rundfunkanstalten und Sender. Zum Beispiel im Bereich der Verwaltung und bei der Bereitstellung von Mediatheken. Es müssen zusätzliche Einsparpotenziale erschlossen werden, um die Beitragsstabilität zu wahren.