
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stand die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag unter keinem guten Stern. Bei dieser Sitzung am 17. November wurden am Kulturetat wesentliche Änderungen vorgenommen. Für die Film- und Kinobranche drohen drastische Kürzungen. Das ist kein gutes Signal. Auch für die anstehende Förderreform. So soll der Etat für DFFF und GMPF weiter sinken, während die BKM künftig auch Games fördert. Beim Zukunftsprogramm Kino bleibt es bei der geplanten Kürzung. Die AG Kino-Gilde sowie mehrere Produzentenverbände kritisieren die Reduzierungen der Förderungen für die Filmwirtschaft. Die Aufstockung der Games-Förderung, die künftig von der Kulturstaatsministerin Claudia Roth finanziert werden muss, geht anscheinend zulasten der Filmwirtschaft.
Produzentenverbänden sehen Gefährdung von Arbeitsplätzen
Die Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen, die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK), die Deutsche Filmakademie und der Produzentenverband sehen in der erneuten Kürzung der Anreizförderung für Film- und Serienproduktion in Deutschland ein enttäuschendes Signal der Bundespolitik an die deutsche Filmwirtschaft. Die Verschärfung der bereits im Haushaltsentwurf vorgesehenen Kürzungen in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags auf jeweils rund 44 Mio. Euro schwächt den Filmstandort erheblich. Die wirtschaftliche Filmförderung mit den drei Instrumenten DFFF I, DFFF II und GMPF ist Voraussetzung für Produktionsunternehmen und -stätten, um in einem globalen Wettbewerb zu bestehen. Unter den derzeit herausfordernden Rahmenbedingungen wird den Produzentinnen und Produzenten mit den zusätzlichen Einschnitten ein weiteres Stück Planungssicherheit genommen und Produktionen wie Arbeitsplätze gefährdet. Für zusätzliche Verunsicherung sorgt die Nachricht, dass das Finanzministerium die Haushaltssperre auf nahezu den gesamten Bundeshaushalt ausweitet. Antragstellende brauchen jetzt umgehend Klarheit über die Behandlung von Anträgen zu den drei Förderinstrumenten, insbesondere in den Fällen, bei denen durch einen vorgezogenen Maßnahmenbeginn die Dreharbeiten bereits laufen.
Björn Böhning, CEO der Allianz Deutscher Produzenten: „Diese fatale Entscheidung des Bundestages erhöht die Dringlichkeit einer strukturellen Reform. Die Verbände der Filmwirtschaft haben hierfür konkrete Vorschläge vorgelegt und die Beauftragte für Kultur und Medien hat die Umsetzung einer großen Reform zum 1. Januar 2025 in Aussicht gestellt. Es gilt jetzt alle Anstrengung darauf zu verwenden, diesen ehrgeizigen Zeitplan zu erfüllen.“
Susanne Binninger, Ko-Vorsitzende der AG DOK: „Die Bundesregierung und auch die Länder sind nun umso mehr gefordert, damit der Filmstandort Deutschland endlich wieder sein kreatives und wirtschaftliches Potenzial entfalten kann. Dafür braucht es das gemeinschaftliche Engagement für eine grundlegende Reform mit einem wettbewerbsfähigen Anreizsystem und einer Investitionsverpflichtung.“
Benjamin Herrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Filmakademie: „Diese überraschende Entscheidung verunsichert sowohl die deutsche Filmbranche als auch internationale Partner und bedeutet einen echten Rückschritt. Umso mehr hoffen wir, dass die angedachte Strukturreform der deutschen Filmfinanzierung, wie von der BKM angekündigt, zum Tragen kommt. Die Kreativität und Produktivität am hiesigen Standort bedürfen dringend einer Stärkung“.
Erwin M. Schmidt, Geschäftsführer des Produzentenverbandes: „Die Förderinstrumente DFFF I, DFFF II und GMPF sind essentielle Schwunggeber für die Branche, ihre Schwächung führt zu weniger Dreharbeiten, Stillstand in den Studios und einem Abbau von Arbeitsplätzen –aber auch zu weniger Programmangebot und Vielfalt für die Zuschauer. Eine zukunftssichere Reform der Filmförderung und Finanzierung ist daher wichtiger denn je.“
Zukunftsprogramm Kino geschwächt – AG Kino Gilde zeigt sich “schwer enttäuscht”
Die AG Kino – Gilde und viele ihrer Mitglieder hatten bis zuletzt darum gekämpft, dass das wichtige Zukunftsprogramm Kino auch 2024 wieder mit 15 Mio. Euro für die Investitionsförderung ausgestattet wird. Die Signale aus der Politik waren bei der Filmkunstmesse Leipzig durchaus positiv. Doch nun muss die Branche mit 10 Mio. Euro auskommen und das, obwohl dieses erfolgreichste und nachhaltigste Förderprogramm für Kinos bereits in diesem Jahr nach wenigen Tagen ausgeschöpft war. 2022 betrug die Höhe noch knapp 30 Mio. und in diesem Jahr 15 Mio. Euro. Der Vorsitzende der AG Kino – Gilde, Christian Bräuer zeigt sich denn auch “schwer enttäuscht” über diese Entwicklung: „Fakt ist: Wie die Produzenten auch brauchen die Kinos Planbarkeit und Verlässlichkeit. Das ist so nicht gegeben – wir können nicht einmal sicher sein, dass alle Anträge die in den ersten Tagen gestellt werden, überhaupt bedient werden können. Das ist sehr ernüchternd und gefährdet den Erholungsprozess, auf dem sich die Kinos nach der Pandemie bewegen und der bereits mit den Streiks in Hollywood einen Rückschlag erlitten hat.“ Der Verband will nun sein Augenmerk auf die Reform der Film- und Kinoförderung richten. Die Reform werde nicht gelingen, so Bräuer, wenn die Kinos nicht hinreichend einbezogen würden. „Neben einer hinreichend ausgestatteten und berechenbaren Investitionsförderung zählt dazu eine starke anreizorientierte Unterstützung vielfältiger Programme. Denn seit über einer Dekade beobachten wir, dass ein Wachstum in der Produktion nicht zu steigenden Besucherzahlen führt. Die Verbesserung des Kinoerlebnisses für das Publikum sowie der Ausbau der lokalen Publikums-, Event- und Marketingarbeit zählen zu den großen Trends in der Kinowirtschaft. Sie sind der Schlüssel für den Erfolg.“
Games-Förderung um 33 Millionen Euro erhöht
Die Games-Förderung auf Bundesebene bekommt zusätzliche Mittel. Die Fördermittel werden um zusätzliche 33 Millionen Euro pro Jahr erhöht. Diese neuen Fördermittel sind allerdings nicht wie bisher im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angesiedelt, sondern als gesonderter Etat bei der Beauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth. Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche kommentiert die Entscheidung wie folgt: „Wir bedanken uns bei allen Unterstützenden für dieses starke politische Signal für das weitere Wachstum des Games-Standorts Deutschland. Angesichts der schwierigen Haushaltslage verdeutlichen die Abgeordneten damit, dass sie in der Games-Förderung eine wichtige Investition in die Zukunftsfähigkeit des Digital- und Wirtschaftsstandorts Deutschland sehen. So positiv das Signal ist, so viele offene Fragen verbinden sich mit der heutigen Entscheidung allerdings auch. Daher ist es jetzt wichtig, dass sich das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien gemeinsam mit der Games-Branche schnellstmöglich abstimmen, wie die zusätzlichen Mittel konkret eingesetzt werden sollen. Entscheidend muss dabei weiterhin sein, dass die Rahmenbedingungen für die Games-Unternehmen planbar, konsistent und international vergleichbar sind.“