Interview mit Prof. Dr. Markus Heinker, Präsident des Medienrates der SLM
Auch Sachsen fördert jetzt lokaljournalistische Angebote. Neben Baden-Württemberg, Brandenburg und Thüringen hat sich auch der Freistaat zu einer inhaltebezogenen finanziellen Unterstützung privater lokaler Medien entschlossen. Eine solche staatliche Beihilfe ist möglich, da den Ländern die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Finanzierungskompetenz für das Medienrecht im engeren Sinn zusteht. Der Medienrat der Sächsischen Landesmedienanstalt hat die „Satzung zur Förderung lokaljournalistischer Angebote“ verabschiedet, um kommerzielle und nichtkommerzielle lokale und regionale Medienanbieter in Sachsen zu stärken und ihren Erhalt zu sichern. Die Satzung basiert auf einer neuen Förderaufgabe der SLM, den der Sächsische Landtag Ende 2022 in das Sächsische Privatrundfunkgesetz aufgenommen hat. Zwei Millionen Euro jährlich stehen hierfür in 2023 und 2024 aus dem Staatshaushalt zur Verfügung. Die neue lokaljournalistische Förderung ist plattformübergreifend ausgerichtet und wendet sich an Veranstalter von nichtkommerziellen und kommerziellen Rundfunkprogrammen, Anbietern von Telemedien oder Anbietergemeinschaften, soweit diese ihren Sitz in Sachsen haben.
medienpolitik.net: Herr Heinker, die SLM startet eine Förderung des Lokaljournalismus mit 2 Millionen Euro jährlich für 2023 und 2024. Warum?
Heinker: Die Regierungskoalition im Sächsischen Landtag hat Ende Dezember 2022 mit dem Beschluss zum Doppelhaushalt 2023/24 der SLM eine neue Förderaufgabe zugewiesen und damit ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht. Dabei ging es – dem Vernehmen nach – vor allem darum, in Anbetracht der weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen, die sächsische Medienlandschaft zu stabilisieren und die Perspektiven für den lokalen und regionalen Journalismus zu verbessern.
Dafür stehen 2023 und 2024 jeweils zwei Millionen Euro aus dem Staatshaushalt zur Verfügung. Die Ausgestaltung der Förderung im Rahmen ihrer Satzungsermächtigung und die Ausreichung der Fördermittel obliegt dabei der SLM. Eine zuwendungsrechtliche Vereinbarung zwischen der Sächsischen Staatskanzlei und der SLM wurde im März 2023 geschlossen. Die vom Medienrat der SLM Anfang April verabschiedete „Satzung zur Förderung lokaljournalistischer Angebote“ wird nach erfolgter Genehmigung durch die Sächsische Staatskanzlei nun am 27. April 2023 im Sächsischen Amtsblatt und auf der Website der SLM veröffentlicht.
medienpolitik.net: Wer wird gefördert und mit welchem Ziel?
Heinker: Gefördert werden ausschließlich lokaljournalistische Angebote, da diese für den gesellschaftlichen Diskurs und damit für die individuelle und kollektive Meinungsbildung der Bevölkerung als Grundlage der demokratischen Mitbestimmung von besonderer Bedeutung sind und gleichzeitig auf besondere Schwierigkeiten bei der Refinanzierung stoßen. In den zurückliegenden Jahren mussten lokale Fernsehveranstalter auf sich ständig verändernde Marktbedingungen, auf Nachfrageverschiebungen und die Veränderungen weiterer Rahmenbedingungen reagieren. Gleichzeitig ist die lokale Berichterstattung im Fernsehen insbesondere im ländlichen Raum nach wie vor lückenhaft.
Die Förderung richtet sich daher zum einen an die kommerziellen Fernsehveranstalter. Das Ziel der Förderung liegt in dem Erhalt und Ausbau eines flächendeckenden, vielfältigen und qualitätsvollen Nachrichten- und Informationsangebotes lokaler und regionaler Veranstalter mit einem engen Bezug zum lokalen und regionalen Geschehen im Freistaat Sachsen.
Ebenso gefördert werden lokaljournalistischen Angebote der kommerziellen Hörfunkveranstalter. Hier liegt das Ziel der Förderung in der Steigerung der Attraktivität des Gesamtangebots im Lokalen und Regionalen. Die Produktion neuer lokaljournalistischer Formate und Inhalte soll zu einer Ergänzung und Vertiefung sowohl des linearen Hörfunkprogramms als auch der begleitenden Telemedienangebote führen und damit die Information der Bevölkerung über lokale und regionale Geschehnisse bereichern.
Eine weitere Förderung erhalten lokaljournalistische Angebote der nichtkommerziellen Rundfunkveranstalter. Deren Beitrag für die demokratische Meinungsbildung soll gestärkt und mit Blick auf veränderte Nutzungsgewohnheiten weiterentwickelt werden. Schließlich können auch sogenannte innovative Projekte gefördert werden. Dies können neu konzipierte, originelle, kreative und zukunftsweisende Angebote zur Entwicklung nachhaltiger Geschäfts- und Kooperationsmodelle sowie neue journalistische Produktionsformen und digitale Formate sein.
„In den zurückliegenden Jahren mussten lokale Fernsehveranstalter auf sich ständig verändernde Marktbedingungen, auf Nachfrageverschiebungen und die Veränderungen weiterer Rahmenbedingungen reagieren.“
medienpolitik.net: Welche Fördervoraussetzungen sind zu beachten?
Heinker: Gefördert werden Rundfunkveranstalter, Telemedienanbieter oder Anbietergemeinschaften, die ihren Sitz in Sachsen haben. Voraussetzung ist weiter ein Redaktionssitz in dem Ort oder der Region, auf den die jeweiligen Angebote inhaltlich ausgerichtet sind. Voraussetzung für jede Fördermaßnahme ist nach dem Willen des Gesetzgebers darüber hinaus das Herstellen und Verbreiten eines „aktuellen, regelmäßigen und authentischen Nachrichten- und Informationsangebots“. Dieses muss außerdem „den Kommunikationsinteressen der Nutzerinnen und Nutzer in dem jeweiligen Versorgungsgebiet dienen“.
medienpolitik.net: Können auch Zeitungen mit ihren lokalen Online-Angeboten in den Genuss der Förderung kommen?
Heinker: Angebote von Zeitungsverlagen, die den Fördervoraussetzungen des Gesetzes und der Fördersatzung der SLM genügen, sind von der Förderung nicht ausgeschlossen.
medienpolitik.net: Gibt es für die Förderung auch Qualitätskriterien, die die Antragsteller erfüllen müssen?
Heinker: Die Qualitätskriterien sind je nach Fördergruppe in der Satzung individuell definiert. Beispielsweise setzt die Förderung kommerzieller Fernsehveranstalter die Herstellung und Verbreitung eines betrauten Programms voraus. Mit der Betrauung verpflichten sich Veranstalter ein aktuelles, regelmäßiges und authentisches Nachrichten- und Informationsangebot herzustellen und zu verbreiten. Das Angebot soll thematisch vielfältig über lokales und regionales Geschehen, insbesondere zu den Bereichen Bildung, Heimatgeschichte, Kultur, Politik, Religion, Soziales, Sport, Tradition, Wirtschaft und Wissenschaft möglichst unmittelbar und in vielfältigen Darstellungsformen im Bewegtbild informieren sowie relevante gesellschaftliche Gruppen angemessen zu Wort kommen lassen. Die journalistischen Sorgfaltspflichten sind zu beachten.
medienpolitik.net: Wie werden die finanziellen Mittel aufgeteilt?
Heinker: Von den zwei Millionen Euro sind 55 Prozent (1,1 Mio. Euro pro Jahr) für kommerzielle Fernsehveranstalter, 15 Prozent (300 TEuro pro Jahr) für innovative Projekte, weitere 15 Prozent (300 TEuro pro Jahr) für lokaljournalistische Angebote der Nichtkommerziellen und 10 Prozent (200 TEuro pro Jahr) für kommerziellen Hörfunk vorgesehen.
medienpolitik.net: Wer entscheidet über die Vergabe der Mittel?
Heinker: Der Medienrat der SLM entscheidet über die Vergabe der Mittel. Zuvor wird die Versammlung der SLM zu den Projekten, die gefördert werden sollen, angehört.
medienpolitik.net: Das Geld stammt aus dem sächsischen Staatshaushalt. Wie sichern Sie eine staatsferne Förderung?
Heinker: Die Staatsferne wird dadurch sichergestellt, dass die Einzelheiten der Förderung und die konkreten Förderentscheidungen durch die staatsfernen Gremien der SLM vorbereitet und entschieden werden.