Von Helmut Hartung, Chefredakteur medienpolitik.net
Die Entwicklung bleibt im Medienbereich weiter sehr dynamisch. Viele Prozesse und Diskussionen aus diesem Jahr werden uns auch 2024 wieder beschäftigen. Die Medienpolitik ist nur ein kleiner politischer Bereich und sicher einer, der in der Öffentlichkeit weniger Aufmerksamkeit findet als Sozial- oder Klimapolitik. Aber sie ist entscheidend für unser politisches System. Laut Verfassung ist die dafür notwendige Vielfaltsicherung Aufgabe der Länder. Auf verschiedenen Gebieten haben sich diese 2023 darum intensiv bemüht, doch vor allem beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist es ein Wettlauf mit der Zeit.
Zu den medienpolitischen Schwerpunkten wird 2024 die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören. Viel ist noch offen, erst wenig in diesem Jahr von der Deidesheimer Agenda umgesetzt. Laut Bundesverfassungsgericht muss der Beitrag dem Auftrag folgen. Wie es jetzt aussieht, wird die Reform des Auftrages und der Struktur der Erhöhungsempfehlung der KEF im Frühjahr folgen. Geplant war es anders: Zusammen mit den Beschlüssen zu strukturellen Veränderungen in den Anstalten, den Ideen des Zukunftsrates und den Reformplänen der Rundfunkkommission sollte es möglich sein, einerseits den Rundfunkbeitrag ab 2025 stabil zu halten und andererseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk innerhalb von zehn Jahren grundlegend zu modernisieren. Da bis Ende dieses Jahres keine konkreten Ergebnisse vorlagen, die es der KEF ermöglichten, die wirtschaftlichen Effekte bei ihren Berechnungen zu berücksichtigen, ist jetzt eine Anhebung um 58 Cent durchaus möglich. Ob es dazu kommt, oder ob die KEF doch noch Argumente für ein Moratorium findet und wenn nicht, ob die sechs Länder, die sich bisher gegen eine Erhöhung ausgesprochen haben, bei ihrer Aussage bleiben, wird sich Anfang des Jahres zeigen. Die Länder werden 2024 weiter am Reformstaatsvertrag arbeiten und die Klausur der Rundfunkkommission Ende Januar in Bingen am Rhein soll viele der Vorschläge, die in den Staatskanzleien erdacht wurden, priorisieren und auch bestätigen, nur auf den Beitrag ab 2025 werden sie keinen Einfluss mehr haben. Natürlich ist die Beitragshöhe nicht das einzige Kriterium für einen zeitgemäßen, in der Bevölkerung akzeptierten, öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es müssen auch endlich Veränderungen in der Organisation, Zusammenarbeit innerhalb der ARD und mit dem ZDF eingeleitet werden, die eine effektiveres Produzieren ermöglichen. Und es muss ein Programm geboten werden, das den Erwartungen der großen Mehrheit der Bevölkerung entspricht. Vielleicht gelingt es im nächsten Jahr der Rundfunkkommission einen entsprechenden Medienänderungsstaatsvertrag fertig zu stellen.
„Wie es jetzt aussieht, wird die Reform des Auftrages und der Struktur der Erhöhungsempfehlung der KEF im Frühjahr folgen.“
Neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es 2024 weitere wichtige medienpolitische Themen. Dazu gehört, der fünfte Medienänderungsstaatsvertrag der im März 2024 unterzeichnen werden soll. Bei der Umsetzung des Digital Services Act (DSA), arbeiten die Länder hier parallel zum Kabinettsbeschluss des Digitale Dienste Gesetzes. Die damit einhergehenden Anpassungen medienrechtlicher Staatsverträge soll gewährleisten, dass sich die europäischen Regelungen des Digital Services Act (DSA) mit der bestehenden Medienregulierung des Medienstaatsvertrages zu einem funktionierenden Gesamtsystem verzahnen.
Die Trilogverhandlungen zum European Media Freedom Act sind abgeschlossen. Sobald die Verordnung in Kraft tritt wird die Ländergemeinschaft prüfen müssen, inwiefern die nationale Mediengesetzgebung an das europäische Recht angepasst werden muss.
Die Länder planen die Novellierung des Jugendmedienschutzes. Wie bereits in Frankreich und Italien soll auch den Eltern in Deutschland eine leicht zugängliche und leicht zu bedienende Jugendschutzvorrichtung bei jedem Gerät zur Verfügung stehen, mit dem Kinder und Jugendliche üblicherweise online gehen. Dies wäre ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem Status quo. Nach Auswertung der Anhörung ist vorgesehen, dass die Ministerpräsidentenkonferenz im Frühjahr den sechsten Medienänderungsstaatvertrag beschließt. Nachfolgend muss er dann von allen 16 Landesparlamenten ratifiziert werden.
Auch um die Presseförderung, vor allem für Tageszeitungen, wollen sich die Länder weiter kümmern. Bisher ist es auf Bundesebene nicht gelungen, eine temporäre Zustellförderung auf den Weg zu bringen.
Generell wird die wirtschaftliche Situation der privaten Medien die Länder auch im nächsten Jahr beschäftigen. So sind neue Förderungen privater regionaler und lokaler Sender geplant und beim vorgesehenen Werbeverbot für Süßigkeiten bestehen in vielen Staatskanzleien Vorbehalte.
Das Filmfördergesetz des Bundes läuft am 31.12.2024 aus. Daher arbeiten Bund und Länder bereits seit Monaten an einer Novellierung der Filmförderung des Bundes, die erhebliche Auswirkungen auf die regionalen Filmförderungen haben wird. Ob der Reformprozess gelingt, hängt ganz maßgeblich von der Kompromissfähigkeit der Ampelregierung in Berlin ab.
Auch die Reform des Medienkonzentrationsrechts steht weiterhin auf der Agenda der Rundfunkkommission. Es werden dringend passgenauere Regeln benötigt, um zu verhindern, dass Verflechtungen, Zusammenschlüsse und weitere Phänomene im Medienmarkt eine Gefahr für die demokratische Meinungsbildung darstellen.
Medienpolitik.net hat, wie jedes Jahr, die für Medienpolitik in den Ländern Verantwortlichen nach den wichtigsten medienpolitischen Themen 2024 befragt. Die Antworten werden Anfang Januar auf diesem Blog publiziert. Auch im nächsten Jahr werde ich an dieser Stelle über aktuelle und relevante medienpolitische Themen informieren und diese kommentieren. An Inhalten wird es nicht mangeln.
Ich bedanke mich bei den Abonnenten des Newsletters und den Lesern unseres Blogs für das Interesse sowie für Kritik und Anregungen. Bleiben Sie uns auch 2024 verbunden.